Beobachter: | P. Surma | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Datum/Zeit: |
04.06.2023, 22:00 - 0:20 MESZ |
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Ort: | HD Stadt | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kollegen: | - | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Sonne: | Untergang 20:13 MESZ Nautische Dämmerung Ende 23:07 MESZ Astronomische Dämmerung Ende 01.05 MESZ |
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Mond: |
Aufgang: 22:24 MESZ Phase zunehmend, 99% beleuchtet |
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Wetter: | klar | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Temperatur: | 19°C | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Atmosphäre: |
Seeing gut
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Himmel (SQM-L): | 19.3 mag/sas | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Teleskope: | 8" f/4.5 Newton (Orion UK) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Montierung: | Celestron CI-700 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Filter: | - | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Okulare: (Newton 8" f/4.5) |
→ Details zu Teleskop/Technik
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Objekte: |
Emmissions- und Reflexionsnebel (Neb): - Dunkelnebel (DN): - Galaxien (Gx): M101 Lokale Gruppe (Gx-LG): - Cluster (Gx-Cl) + Gruppen (Gx-Grp) - AGN (Quasare, Seyfert, BL Lac): - Planetarische Nebel (PN): - Planeten, Kleinplaneten, Monde: - Sternhaufen: - Sterne: SN 2023ixf Anderes: - |
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Bilder der Objekte: © STScI Digitized Sky Survey. Alle Daten + Zeiten (in MESZ) aus Guide 9.1 soweit nicht anders angegeben. Klick auf das → XRef -Symbol vor jedem Objekt springt meine Querverweis-Seite mit zusätzlichen Links + Infos. Click auf die #<name> links unterhalb von Überschriften springt zu diesem Kapitel und zeigt im URL-Fenster des Browsers die entsprechende Direkt-URL (f. Referenzierung von aussen). Maglimits der Okulartabelle sind gerechnet für optimale Bedingungen im Zenit und fst 6.5m. Meine subjektiven Highlights der Nacht sind gelb markiert. |
(1) 2023ixf in M101 (SN, UMa)
- Background
- Supernovae Typ II versus Typ I
- Theorie von Typ II SNe
- Progenitor gefunden (?)
- Externe Ressourcen
fn Final Notes
Mindestens seit 2 Wochen schiesst mir abends immer wieder 2023ixf durch den Kopf -
ich muss die Supernova in M101 unbedingt angucken.
Aber deshalb den grossen Dob aus dem Keller tragen, ins Dunkel fahren, Aufbau - und alles wieder zurück ? - ist einfach zu viel Aufwand !
Also muss es im heimischen Garten sein - aber ob das geht ? Wenn überhaupt würde ich ein kleines Teleskop (8" f/4.5 Newton, Orion UK)
nehmen, mal zur Abwechslung, und weil's kaum Mühe macht beim Aufbau...
Heute ist es soweit.
Wetter ist gut, Zeit hab ich auch. Leider wird es erst spät dunkel,
nautische Dämmerung
ist um 23:07 zu Ende, vorher um 22:30 geht allerdings schon der Vollmond auf.
Man muss es also genau abpassen - zwischen 'schon dunkel genug in der Dämmerung' und 'noch nicht so mondhell' - na toll !
Zu allem überfluss leben wir hier am Rande einer 150.000-Einwohner-Stadt, das ist
also gar kein Spass, astronomisch gesehen. 50m entfernt an der Strasse steht ne Laterne, ziemlich unschön !
Laser-Justierung des Newton, geht ganz schnell, alles prima, Arkturus hat's bestätigt !
Zum Beobachten gut gelegen ist 2023ixf in M101 auf jeden Fall - sie steht bei Anbruch derDunkelheit genau im Zenit.
Aber: Es stellt sich leider raus (ich hätt's mir denken können), dass mein kleines Azimutal-Stativ
für Beobachtung im Zenit praktisch unberauchbar ist. Das Teleskop stösst an die Stativbeine und 10° um den Zenithat man
damit dauernd Probleme. Leider stell ich das erst um 22h fest, arrgh. Ich muss also DOCH die schwere
parallaktische Montierung rausholen,
und ein Riesen-Stativ (beides für ein C11 ausreichend). Es wird abgespeckt (!) aufgebaut: keine Elektronik,
grob poljustiert, nur grob tariert auf die Drehmomente von Teleskop/Sucher/Okular.
Ach, wie schön einfach ist doch das Dobson-Beobachten !
Na, ist doch noch alles gut geworden - wie man gleich sieht...
→ XRef
M101 als Galaxie hier am Rand einer 150.000-Einwohner-Stadt bei Dämmerung und Vollmond zu sehen ist natürlich illusorisch. Bestenfalls den
Kern, aber Sc Galaxien haben meist schwache (nicht stark gepeakte) Kerne... Also kann ich mich
nur an den Sternen langhangeln, wenn ich die Supernova 2023ixf sehen will.
M101 hab ich schon oft gesehen, und ich könnte das Ding ohne Sternkarte einstellen, aber im Detail weiss ich die Sterne
aussenrum natürlich nicht. Heute machen wir mal auf 'modern' und nehmen das Tablet,
anstatt Windows-NTB und eine Stellarium Plus App anstatt
Guide 9.1. Nur damit's nicht ganz sooo einfach wird..
Wenigstens macht eine parallaktische Montierung im Zenit keine Probleme (ihre Polstelle ist woanders :-).
Das Problem ist wohl nicht so sehr nicht die Helligkeit der SN (derzeit 11+mag), sondern die
Identifikation im hellen Himmel.
Es geht los bei Alcor/Mizar in UMa. Entlang der Sternkette 81 - 83 - 84 - 86 UMa nach Osten. Dann knickt es ab in
einen 'T-Hammer' mit der schräg stehenden Dreierkette von 7mag Sternen HIP 68304, 68196 und 68138.
Von dort dann nach NNO zu den beiden Sternen HIP 68503 (9.0mag) und 68621 (8.0mag) (siehe das DSS-Bild unten
mit roten Linien).
An diese schliesst sich - bei gutem Himmel - die Scheibe von M101 mit Spiralarmen direkt an. Aber heute seh ich da nur:
den hellen Himmel !
Field Sweeping nutzt nichts, indirektes sehen auch nicht. M101 ist ohnehin ein eher low-SB Objekt, also keine Hoffnung.
Nun wo ist die Supernova ?
Ich hatte mir auf den Fotos aus rochesterastronomy.org
und dem
Thread in astrotreff.de
die Position angeschaut und mir ein paar Umgebungssterne und Konstellationen gemerkt. Jetzt muss ich die halt 'nur' finden...
bei gutem Himmel alles kein Problem, aber hier !? Ich messe den Himmel mit dem SQM-L: 19.3 mag/sq.arcsec. Oh my god ! Das ist
also kurz vor 'Regenwetter'. Ausserdem haben wir noch nautische Dämmerung. Dazu kommt ein gerade aufgehender Vollmond.
Na prima !
Der einzige Weg ist jetzt Hochvergrössern um den Himmel runter zu drücken und mehr
Sterne zu sehen. Bisher hatte ich 20mm/45x/1.8°
benutzt (wegen des grossen Feldes). Jetzt geht es mit 13mm/69x/1.1° und bald mit 9mm/100x/0.9° weiter,
und da kommen eben die Sterne schon viel besser raus.
Westlich des M101 Kerns gibt es eine 4er-Sternkette von schwächeren 12mag Sternen. Sehen kann ich - selbst mit
9mm/100x/0.9° - nur die beiden westlichen, helleren Sterne (die weiteren bestenfalls indirekt angedeutet, gestrichelt).
Diese beiden weisen jedoch zur Position der Supernova hin, wie im Bild gezeigt
(Linien in pink) (Positionierungsweg (1)).
Ja da steht ein recht heller Stern ! Ist sie das ?
Um die Position der SN weiter zu sichern, mache ich noch weitere Anbindungen
an verschiedene Sterne, d.h. verifiziere die Position noch mit folgenden Hilfs-Konstellationen
(alles in blauen Linien):
(2)
Die vermeintliche SN befindet sich auf etwa 2/5 der Strecke von TYC 38521108 zu HIP 68621.
(3) Am einfachsten: HIP68621 und HIP68503 bilden mit 2023ixf ein fast gleichseitiges Dreieck.
Und (4) der schwache 12.45mag Stern, die SN und der Stern nördlich des M101 Kerns bilden ein flaches, fast
gleichschenkliges Dreieck.
Es gibt kein anderes, ähnlich helles Objekt an dieser Stelle.
Das muss also 2023ixf sein !
Also noch ein paar Helligkeitschätzungen: 2023ixf ist definitiv deutlich (>>0.5mag) heller
als die beiden 12.4mag Sterne.
Sie ist auch noch merkbar heller als TYC 38521108 (11.48m). Leider fehlen mir etwas hellere Sterne für
einen Vergleich bzw. für Intervall-Schachtelung. Aber meine Schätzung liegt bei Vmag = 11.2 für 2023ixf heute
(eventuell heller, schwierig zu sagen wegen fehlender Vergleichssterne).
Im messe nochmal den Himmel mit SQM-L: 19.2 mag/sq.arcsec. Es ist jetzt schon 23:10, ich merke schon
im Gesichtsfeld der Okulare, dass der Himmel durch den aufgehenden Vollmond langsam heller geworden ist.
Im Zuge der Suche sehe ich auch noch den (13mag)
Stern direkt im Norden des M101 Kerns. Auch noch eine
schwache Andeutung des M101 Kerns selbst. Von Spiralarmen ist natürlich nichts zu sehen unter diesen Bedingungen.
Empfehlung zur Aufsuchung:
Der bei weitem einfachste Zugang zur Supernova ist das gleichseitige Dreieck
mit den beiden hellen Sternen HIP 68503 (9.0mag) und 68621 (8.0mag) (blaue Linien).
Ich versuche sogar später noch, ob ich
die Supernova mit dem 10x50 Feldstecher sehen kann. Die beiden Sterne sehe ich wohl, aber die Supernova
- um 2mag schwächer - leider nicht. Der Himmel ist zu hell.
Mancher wird fragen, wozu die Aufregung um ein 11mag Sternchen ? Aber es gibt ja nicht laufend helle Supervovae zu bewundern am Himmel, schön gelegen in den Spiralarmen einer 'prominenten' Galaxie wie M101.
Hier die Entdeckungs-Note:
entdeckt wurde 2023ixf am 19.05.2023 durch Koichi Itagaki.
Sie wurde - aufgrund Ihrer Wasserstofflinien schnell als Typ II Supernova klassifiziert. Die Spektren kann man sich auf der
Webseite unten ansehen (und sogar die Linien identifizieren) - einfach mal auf 'Show H at' clicken, weil
Wasserstofflinien sind das Charakteristikum von Typ II SNe.
[ UPDATE 18.06.2023:
Tatsächlich wurde die SN sogar schon
0.75d früher von Kollege Thorsten fotografiert (Thor07@astrotreff.de) bei einer Helligkeit von 17.3mag (nachträglich identifiziert). D.h. die SN machte in in einem 3/4d eine Helligkeitssteigerung um fast
2.5mag = 10x. ]
Absoluthelligkeit von 2023ixf:
Laut
NED
liegt M101 bei Radialgeschwindigkeit v_rad = 380km/sec (HubbleFlow, Rotverschiebung), also ca 6 Mpc d.h. 18 Mio Lichtjahre entfernt. Ihr Entfernungsmodul (m-M)=29.1mag (Cepheiden-Messung, nicht aus Redshift), also werden Sterne um diesen Betrag (durch die Entfernung, rein geometrisch) entsprechend geschwächt.
D.h. das Sternchen von 11.2Vmag, das wir am (Stadt-)Himmel sehen, ist (absolut) in Wirklichkeit
M = m - (m-M) = 11.2mag - 29.1mag = -17.9Vmag hell.
Progenitor:
Wie hell war dann wohl der Vorläuferstern von 2023ixf ?
Sicher war es ein massiver Supergiant, wie hell ist mir
derzeit (zur Zeit der Abfassung dieses Berichts)
nicht bekannt - ich scanne aber gerade noch einen Katalog von hellen M101 Supergiants (allerdings mit 35705 Sternen, das geht also nicht ohne Software).
Aber hier nur mal zur groben Abschätzung: z.B. die (visuell)
hellsten Sterne in M31 liegen im Bereich bis
zu max -8Vmag Absoluthelligkeit. Wenn wir das einmal als groben Maßstab nehmen, dann hiesse das,
dass unsere SN einen Helligkeitsanstieg von 10mag = Faktor 10.000x hinter sich hat, und schon vorher war das ein äusserst massiver Riesenstern (13mag = 160.000x heller als die Sonne) !
UPDATE 12.06.2023 - Weiteres zu möglichen Vorläufersternen siehe unten.
Vergleich mit M101 Galaxie:
M101 hat als Gesamt-Galaxie eine integrierte B-Helligkeit von 8.29Bmag (laut Guide 9) und B-V=0.585, also hat M101 (Bulge + Scheibe)
eine visuelle, scheinbare Helligkeit von 7.7Vmag - d.h. somit eine Absoluthelligkeit von -21.4Vmag.
Der Helligkeitsunterschied SN/Gesamtgalaxie ist also ΔM = -17.9 - (-21.4) = 3.5mag = Faktor 25x im Photonenfluss. Immerhin macht also die Supernova ca 1/25 = 4% des visuellen Lichts von M101, obwohl sie nur 1 Sternchen von 100 Milliarden ist !
SN Leuchtkraft:
Mit -17.9Vmag Absoluthelligkeit ist also
2023ixf keine Monster-Supernova (manche so hell wie das gesamte Sternsystem),
sondern rangiert im
mittleren Bereich von Typ II SNe
(Young & Branch 1989). Ruhig mal ins Paper reinklicken und die SN Typ II Lichtkurven ansehen und die Peak-Helligkeiten vergleichen
mit der Gesamthelligkeit von M101 von -21.4Vmag (s.o.).
Häufigkeit von SNe in M101:
M101 zeigt in Ihren Spiralarmen ja offensichtlich massive Sternbildung und grosse HII Gebiete (auch 2023ixf entstand ja recht nahe an einem grossen HII Gebiet: NGC5461 in M101). Und SNe Typ II sind mit Star Formation selbstverständlich eng verknüpft. Die Star Formation erzeugt Sterne mit einem ganzen Massenspektrum (sog. IMF = Initial Mass Function, Salpeter 1955). Die sehr hellen, massiven Sterne dieses
Massenspektrums (insbesondere jene mit M > 8M_sun) erleben als Endstadium
ziemlich 'natürlicherweise' ein Typ II Supernova Event.
In M101 sind folgende 5 Supernovae bekannt geworden: SN 1909A, SN 1951H, SN 1970G, SN 2011fe = PTF11kly und jetzt SN 2023ixf.
Ausserdem haben Matonick & Fesen (1997) mit dem [SII]/Hα Linienverhältnis in M101 systematisch nach Supernova-überresten (SNR = Supernova Remnant)
gesucht - sie finden 93 SNRs in M101. Wobei die 'Dunkelziffer' hoch ist - sie schätzen,
dass die tatsächliche Zahl sogar bis zu einem Faktor 4x höher sein könnte (Verstecken der SNRs durch Staub, Detektionslimits).
SNe sind in M101 (und allen Galaxien mit Star Formation) also eine 'Alltagserscheinung' (auf kosmischen Zeitskalen gesehen).
Noch schlimmer:
wegen der engen Verknüpfung mit Star Formation explodieren Supernovae im gesamten (für uns sichtbaren) Universum (statistisch) sogar quasi
im Sekundentakt !
Die gegenwärtige Supernova 2023ixf in M101 ist eine Typ II Supernova. D.h. ein massiver Stern, der kürzlicher Sternentstehung entstammt und gerade erst (wenige) 10 Mio Jahre alt ist. Diese Art von SNe sind mit Star Formation in Galaxien (Starburst Gx, Merger Gx, etc) also eng verknüpft.
Sterne enstehen typischerweise aus (hinreichend kühlen und massiven) Gaswolken mit einem ganzen Massenspektrum (
sog. IMF = Initial Mass Function, Salpeter 1955). Die hellsten und massivsten Sterne dieses Massenspektrums
(insbesondere jene mit M > 8M_sun) erleben als Endstadium 'natürlicherweise' ein Typ II Supernova Event. SN Typ II werden auch als Kernkollaps-Supernovae bezeichnet (s.u.).
Sie werden beobachterisch aufgrund Ihrer Wasserstofflinien klassifiziert
(→ runter scrollen!). Siehe die Spektren auf der Webseite - zur Linien-Identifikation auf 'Show H at' clicken...
Die Vorläufer-Objekte von SN Typ Ia sind völlig andere Sterne.
(Es gibt verschiedene Szenarien, aber) Typischerweise sind sie Weisse Zwerge (WD), die in einem Doppelsternsystem mit einem Begleiter leben. Der Begleiter transferiert Gas an den WD, bis dieser die Chandrasekhar Grenzmasse überschreitet und thermonuklear explodiert.
Typ Ia SNe sind also eher sehr alte Sterne (niedrigerer Masse) - und stehen somit NICHT (direkt) in Zusammenhang mit Star Formation.
SN Typ Ia werden auch als thermonukleare Supernovae bezeichnet (s.u., allerdings ist diese Bezeichnung etwas unglücklich, weil ja Typ II sicherlich auch thermonukleare Prozesse enthalten). Typ Ia Supernovae zeigen im Spektrum KEINE dominanten Wasserstofflinien (im Ggs. zu Typ II).
Die Theorie von Supernovae des Typ II
ist ebenso interessant wie komplex. Es empfehlen sich - wie immer - die Artikel in WIKIPEDIA über
Supernovae (allgemein)
und spezifisch über
Supernovae Typ IIP.
In der englischen WIKI gibt z.T. nocheinmal detailliertere Informationen.
SNe vom Typ II sind sehr massive (>8M_sun) leuchtkräftige Sterne
(Supergiants, initial links oben im HRD)
am Ende Ihrer Entwicklung (massive Sterne entwickeln sich *sehr viel* schneller also z.B. die Sonne).
Sie haben (im Kern !) Ihren Wasserstoff bereits aufgebraucht und müssen daher sehr bald höhere Elemente fusionieren um im Gleichgewicht zu bleiben. Während das H-Brennen noch wenige 10 Millionen Jahre dauert, folgen die höheren Brennstufen
in immer kürzerer Reihenfolge (immer weniger Energiegewinn): He-Brennen nur wenige Mio Jahre, C-Brennen nur 50.000 Jahre
etc. Es entwickelt sich ein Schalenbrennen (H-Brennen weiter aussen, nach innen immer höhere Kerne).
Irgendwann ist die Fusionierung bis zum Eisen (Fe) komplett - jedoch ist jenseits von Fe keine Energiegewinnung durch Fusion mehr möglich
(max. Massendefekt, max. Atomkernbindungsenergie).
Jetzt kann dieser Stern seine schweren Aussenschichten nicht mehr durch den
Druck des Kerns (durch dessen Temperatur aus der Energiegewinnung durch Fusion) im Gleichgewicht halten - es kommt zum
Kern-Kollaps.
Es gibt danach nur noch wenige physikalische Barrieren, die den Kollaps noch aufhalten und wieder stabilisieren können. (1) Der Druck kann im innersten Kern
durch die Elektronen-Entartung hergestellt werden - ist der Kern aber massiver als 1.4 Sonnenmassen ist auch das zu wenig
um den Kollaps aufzuhalten (Chandrasekhar Grenze).
Dann kommt (2) der Druck der Neutronen-Entartung - jenseits von 3 Sonnenmassen Kernmasse
(Tolman-Oppenheimer-Volkoff Grenze)
genügt aber auch das nicht mehr und der Kollaps geht in ein Schwarzes Loch.
Wird der Kollaps aufgehalten, so entsteht ein harter Kern (d.h. der Kern ist äusserst
widerstandsfähig gegen weitere Kompression), auf den die äussere Sternmaterie einfällt. Deshalb reflektiert der Kern
den Materieeinfall und kehrt ihn in eine Expansionsbewegung um, die dann
explosionsartig erfolgt.
Erstaunlicherweise werden insgesamt nur sehr geringe Teile (1%) der gesamten Energie in sichtbares Licht umgewandelt,
der grösste Teil geht in die Produktion von (extremen Mengen an) Neutrinos.
Interessant ist noch, dass verschiedene Typen von SNe durchaus sehr verschiedene
Metallanreicherungen in
Ihrer Umgebung erzeugen. Während Typ I SNe einen grossen Anteil an Fe erzeugen, sind Typ II SNe eher
die Produzenten für die sog. α-Elemente
(C, O, Ne, Mg, Si, S). Hierdurch wird also das interstellare Medium durchaus in verschiedener Weise angereichert
(wobei ca 50% der Gesamtanreicherung des ISM von stellaren Winden, PNs u.ä. herrührt).
Supernovae werden als sog. Standardkerzen für Entferungsmessungen benutzt.
Hierfür werden jedoch vor allem SNe des Typs Ia benutzt
(Phillips Zusammenhang).
Die Benutzung von Typ II Supernovae - wie unsere 2023ixf hier - als Entfernungsindikator ist deutlich problematischer (aber möglich).
UPDATE 12.06.2023:
Die Suche nach dem Vorläuferstern von 2023ixf ist in vollem Gange. Von wissenschaftlichem Interesse ist dies, weil hiermit
u.U. die Modellvorstellungen von SN Typ II Explosionen getestet & korrigiert werden können. Ausserdem ist 2023ixf - mit nur etwa 6 Mpc Distanz - eine der hellsten und nächsten extragalaktischen Supernovae, die man je beobachtet hat - somit relativ leicht zu untersuchen.
Mittlerweile gibt es einen Arxiv Preprint von Pledger & Shara (2023). Sie untersuchen Aufnahmen aus dem Archiv des Hubble Space Telescope
und finden im F814W Filterband (nahes Infrarot, NIR) einen möglichen Kandidaten mit 24.4mag (im NIR Filterband, entsprechend etwa I),
was einer absoluten Helligkeit von M= -5.4mag (im NIR Filterband) entspricht. Im blauen und visuellen
HST Filterband haben sie jedoch keinerlei Detektion bis hinab zu 28mag (entsprechend M = -1mag in der Entfernung von M101).
Der Progenitor ist offensichtlich sehr rot: V-I = 2.2mag (also relativ schwach in V Magnituden). Ein Vergleich mit synthetischen Entwicklungswegen von Sternen im HRD zeigt, dass der Progenitior erwartungsgemäß ein roter Supergiant war, etwa 30Myr alt war und eine Masse von etwa 12 M_sun besaß
(hiermit sind all ihre Beobachtungsdaten konsistent).
Egal, ob ihre Identifikation im F814W Filterband korrekt ist oder nicht (minimaler Positions-Mismatch), zeigt die Nicht-Detektion bis 28mag in F555W (entsprechend V), dass
der Progenitor wohl max 28Vmag Helligkeit besass (wenn die F555W Helligkeit so direkt mit V gleichzusetzen ist, was ich aber annehme,
entsprechend M = -1mag in M101). D.h. die SN hat zur Maximalhelligkeit einen Helligkeitsausbruch von Δm = 28-11.2 = 17mag = 6.300.000x gemacht,
also sogar noch deutlich mehr als (mit einem maximal hellen -8mag Progenitor-Kandidat) oben abgeschätzt wurde.
Auf dem US-Forum cloudynights
wird die Supernova eingehend - und zum Teil fast auf Profi-Level (Spektroskopie etc.) - diskutiert.
Bilder der SN findet man auf der objektspezifischen Seite von
rochesterastronomy.org.
Im nachhinein habe ich heute (5.6.2023)
noch die aktuellen Helligkeitswerte der
AAVSO für 2023ixf durchgesehen.
Tatsächlich sind die jüngsten Schätzungen auch dort im Bereich von 11.2Vmag - also doch ganz gut geschätzt, yeah !
(die Facharbeit über Veränderliche Sterne lässt grüßen). Nein, ich hab NICHT vorher reingeguckt ! :-)
Und auf der AAVSO Seite kann man sich - unter Eingabe der Kennung
'SN 2023ixf' die Helligkeitswerte seit Beginn der AAVSO Beobachtungen ansehen. Sieht im Moment (05.06.2023) so aus: