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Beobachtungsbericht   16./17.07.2009    (04/2009)
Die ISS im 20-Zöller

    Beobachter: P. Surma
    Datum/Zeit: 16./17.07.2009, 23:00 - 2.00 MESZ
    Ort: LAHA
    Kollegen: Thomas Schmitt, Jörn Lenhardt, Wolf Lonczyk, Johann von Hase

    Sonne: Untergang 21:26
    Astronomische Dämmerung: Ende 00:28 / Beginn 2:31 MESZ
    Mond: Abnehmend, 34% beleuchtet

    Wetter: Aus Westen durchziehende Cirren + hohe Wolken
    Temperatur: 20°C
    Atmosphäre: Seeing schlecht, später dichte Cirren
    Himmel: < 20.5 mag/sas (SQM-L)

    Teleskope: 20" f/4 Dob + 6" f/5 Newton Bigfinder
    Montierung: Dobson (manuell)
    Filter: -
    Okulare:
    (Dob /
    Finder )

    f 31mm 20mm 13mm 9mm 5mm
    AP 7.8mm 5mm 3.3mm 2.3mm 1.3mm
    V 65x 100x 155x 225x 400x
    Feld 1.25° 0.8°
    50'
    0.5°
    30'
    0.36°
    22'
    0.2°
    12'
    Maglimit 15.8m 16.5m 16.9m 17.1m 17.0m






    AP 6.2mm 4.0mm 2.6mm 1.8mm 1.0mm
    V 24x 38x 58x 83x 150x
    Feld 3.4° 2.2° 1.4° 1.0° 0.55°
    33'
    Maglimit 13.6m 14.1m 14.5m 14.7m 14.9m


    Objekte: Diffuse Emmisionsnebel (Neb):
         
    Dunkelnebel (DN):
         
    Galaxien (Gx):
         
    AGN (Quasare, Seyfert, BL Lac):
         
    Cluster (GxCl) + Gruppen (GcGrp)
         
    Planetarische Nebel (PN):
         
    Planeten + Monde:
         
    Sternhaufen:
         
    Sterne:
         
    Anderes:
          ISS


    Bilder der Objekte: © STScI Digitized Sky Survey.   Alle Daten + Zeiten (in MESZ) aus Guide 8.0.
    Klick auf die Nummer in der Übersicht springt zu dem Objekt. Klick auf das CrossRef -Symbol vor jedem Objekt springt auf eine Seite mit zusätzlichen Links + Infos. Maglimits der Okulartabelle sind gerechnet  für optimale Bedingungen im Zenit und fst 6.5m. Meine subjektiven Highlights der Nacht sind gelb markiert.


ISS - Ausbaustufe im März 2009
bearbeitete Auschnittvergrösserung aus NASA Originalbild
© by NASA (copyright guideline)



















Übersicht

    (1)   ISS-Überflug
    (2)   Restprogramm

Diskussions-Threads zum Bericht

Einführung

    Die Wettervorhersage war gut, der Mond sollte erst um halb eins hochkommen, ich hatte schon ewig nicht mehr beobachtet. Also musste es heute wiedermal sein. :-)

    Eigentlich hatte ich vor allem ein paar Quasare und PNs geplant, die schon lange auf meiner Beobachtungsliste stehen. Aussderdem wollte ich unbedingt noch einen Blick auf das relativ enge (45') Jupiter-Neptun Duo werfen, solnage es noch geht. Dann fiel mir noch ein, nach aktuellen Events zu sehen und ich schaue bei Heavens Above vorbei. Ah, da geht ja heute ein ISS Überflug direkt über unsere Köpfe durch den Zenit - ideal für meinen Dobson ! Also auch mal schnell notiert und die Karte ausgedruckt...


Beobachtungen

    ISS-Überflug

    CrossRef
                           
    Gegen 23:00 treffe ich mich mit den Kollegen auf der Wiese oben in LAHA, bei Heidelberg. Schönes laues Wetter, der Himmel ist weitgehend klar, ein paar Cirrenreste im Westen. Super ! - und nett sich wiedermal zu sehen nach der Urlaubspause. :-) Den Dob baue ich wegen des hohen Grases ausnahmsweise auf dem Seitenweg auf, aussdem - hoffe ich - sehe ich von dort den Jupiter besser... Um 23:25 geht der Weckalarm meiner Armbanduhr los, gleich kommt die ISS ! Ich sag schonmal den anderen Bescheid, aber Satelliten interessieren unsereins (DeepSky-Jünger) oft ja nicht sooo sehr... Dennoch will ich heute endlich mal testen was an der ISS mit dem grossen Dob denn so zu sehen ist.

    Heavens Above hat mir für meinen Standort LAHA (49.5°N, 8.75°E) eine Maximalhelligkeit von sattem -3.4mag und folgende Überflugdaten ausgerechnet:

    EventTimeAltitudeAzimuthDistance (km)
    Rises above horizon 23:29:56 288° (WNW) 2161
    Reaches 10° altitude 23:31:56 10° 288° (WNW) 1320
    Maximum altitude 23:34:52 89° 263° (W ) 355
    Enters shadow 23:36:08 31° 109° (ESE) 642

    Wegen der Wolken im Westen sehe ich lange nichts. Erst gegen 23:33 erscheint die ISS halbhoch in WNW, tierisch hell, vergleichbar der Venus in Maximalhelligkeit. Im Dobson OAZ habe ich wagemutig ein 20mm Nagler stecken mit 82° sGF und 100x Vergrösserung, welches 0.8° wGF erzeugt. Die Auffindung geschieht mit dem Telrad, der natürlich justiert ist. Dank des - durch der Entfernung plus Winkeleffekt - zuerst eher langsamen Anfluges bekomm ich sie damit auch ohne allzugrosse Schwierigkeiten ins Okular. Läuft sie aus dem GF raus, dann hilft mir ihre grosse Helligkeit (-3.4mag) und die damit bewirkte Himmelsaufhellung, sie bald wiederzufinden. Öfter (besonders nahe am Zenit wo die Winkelgeschwindigkeit maximal wird) muss ich zurück zum Telrad, um wieder mit dem Auge zu peilen. Der Telrad erweisst dafür als sehr gut geeignet ! Insbesondere nahe am Zenit ist die ISS verdammt schnell: bei 350 km Entfernung (im Zenit) und 28000 km/h = 8 km/sec im Erdorbit macht sie maximal 1.3°/sec Winkelgeschwindigkeit am Himmel. Sie durchläuft mein Okular mit 0.8° wGF also in nur 0.6sec. Hätte ich statt einem Nagler mit 82° sGF ein 'normales' Okular mit 60°, wären es nochmal weniger: nur 0.4sec. Weitfeldokulare sind also auch hier sehr hilfreich ! Und: Versuche, mit stehendem Teleskop Details zu erkennen, kann ich hier also praktisch völlig vergessen. In grösser Winkeldistanz vom Zenit mag das etwas besser aussehen, aber dann ist eben die Entfernung auch deutlich grösser (siehe Tabelle) und somit die Detailerkennbarkeit schlechter. Natürlich kann man geringer vergrössern und damit mehr Feld erzeugen, aber dann erkennt man eben auch weniger Details... - das ist die grosse Crux beim Satelliten-Beobachten !

    Als besonders hilfreich erweist sich die Flugbahn durch den Zenit. Dadurch brauche ich nur die Elevation des Dobs zu verstellen, in Azimut brauche ich fast keine Bewegung ! (Wenn beide Achsen bewegt werden müssen ist das Tracking deutlich schwieriger, finde ich.) Und dadurch kann ich auch die Leiter hoch ohne sie seitlich versetzen zu müssen. Schade, dass man gerade beim Zenitdurchgang dann umschlagen muss: ich renne mit Leiter in der einen und Dobson-Frontring in der anderen Hand rund ums Teleskop (sicher von aussen besehen ein seltsamer Anblick :-).

    Nun zu den beobachteten Details an der ISS. Zuerst denke ich ja, ich habe den Dob falsch fokussiert... dann aber, nach schnellem Nachfokussieren an einem schwachen Stern, ist klar: man kann fantastisch gut die grossen Sonnensegel sehen - in deutlich rostrot-orangener Farbe und mit jeweils einer nochmaligen 2-Teilung der Länge nach. Dazwischen ist das Hauptmodul in blendendem Weiss zu erkennen. Klare Unterteilungen sehe ich bei letzterem aber nicht (evtl eine schwache Andeutung), eher also eine insgesamt kompakte, fette Struktur. Insgesamt scheint die Aufsichtsperspektive nah an face-on zu liegen. Mit der bekannten Spannweite der ISS von 110m (Wikipedia dt., Wikipedia engl.) kann man eine scheinbare Spannweite von ca 1' am Himmel ausrechnen (Flughöhe 350 km), im Okular bedeutet das also scheinbare 100' = 1.7° (3facher Monddurchmesser mit freiem Auge). Das Hauptmodul besitzt aber lediglich 1/3 dieser Grösse, also nur ca 0.5° (1 Monddurchmesser mit freiem Auge). Zusammen mit der schnellen Bewegung lassen sich deshalb Einzelheiten visuell nur recht schwer ausmachen. Insgesamt gesehen dürfte es also allgemein recht schwer sein, an anderen Satelliten visuell Einzelheiten auszumachen - die ISS ist ein Monster mit 110m Spannweite. Schon das (mit 56m noch immer recht grosse) Shuttle ist deutlich kleiner - geschweige denn normale Satelliten (die in die Ladebucht des Shuttle passen).

    Ich habe auch den Eindruck, dass sich die Aufsichtsperspektive während des Überflugs etwas ändert: die Sonnenzellen verkürzen sich, die Station wirkt jenseits des Zenits noch etwas kompakter. Das ist verständlich weil die Orientierung der Station während des Orbits ja raumstabil bleibt, d.h. die Sonnenzellen zeigen (wenn sie nicht aktiv gedreht werden) immer in die gleiche Richtung relativ zu den Fixsternen (Drehimpulserhaltung). Gleichzeitig überfliegt uns die ISS, d.h. wir sehen sie aus variablem Winkel. Grob gleicht die Ansichtperspektive der ISS heute dem NASA Bild (NASA ISS Seite) ganz oben (Ausbaustand vom März 2009, Originalbild): symmetrische und lange Sonnenpaneele (mit Zweiteilung), aber ein eher kompaktes Hauptmodul.

    Interessant wäre nun ein Vergleich mit bodengebundenen (Amateur-) Fotos der ISS am gleichen Abend....

.



    Netterweise hat Christian Harder in meinem Thread in astrotreff.de Fotos eingestellt, die er am gleichen Abend aus Fintel in Niedersachen (53.1°, 9.7°O) gemacht hat. Das Foto unten ist eine seiner Aufnahmen. Die Sonnenzellen entsprechen etwa meinem visuellen Eindruck am Dob in Farbe + Zweiteilung, allerdings stimmt die Perspektive nicht. Letzteres wird klar, als ich mir (mit HeavensAbove) die Flugbahn von seinen Koordinaten aus ansehe. Fintel liegt ca 3.6° (ca 400km) nördlicher. Dadurch sinkt die Maximalhöhe über dem Horizont schon auf 38° ab (gegenüber 89° in LAHA). Christian hat deshalb etwa in einem 50° Winkel schräg auf die ISS-Struktur gesehen, die wir in HD etwa face-on sehen konnten.


    ISS am gleichen Abend fotografiert
    aus Niedersachsen von Christian Harder
    (Bild zur Darstellung ggf. anclicken)

    Zu ergänzen bleibt, dass sich die Satelliten-Spezialisten in den entsprechenden Foren natürlich schon auf ganz anderem Niveau befinden. :-) Es gibt Kollegen (siehe Christian und andere), die mittels DSLR und WebCam fantastisch aufgelöste Aufnahmen der ISS und des Shuttles machen. Einfach mal beim entsprechenden Teilforum von astrotreff.de reinschauen und die Bilder bewundern ... :-) Rock 'n' Roll !

    Nach dem Überflug bin ich echt 'high' :-). Klasse welche Details zu sehen waren. Ein tolles Erlebnis, live die ISS sehen zu können. Thomas und die anderen sind auch begeistert. Thomas war bei seinem Dobson auch überrascht wie gut das Nachführen funktionierte (bei 50x, wegen Zenitdurchgang). Jörn hatte mit seinem parallaktisch montierten 6" auch gute Sicht, allerdings ist er zum Schluss an das Stativ gestossen. Glücklicherweise hatte ich den 'Mut', gleich zum 20mm/100x Okular zu greifen. Dadurch habe ich wirklich viele Details gut sehen können. Beim nächsten Mal werde ich wieder einen Zenitdurchflug abpassen und wohl noch etwas höher vergrössern (13mm = 155x → 0.5° → 2.6° → 5x Monddurchmesser).

    Hier nochmal die wichtigsten Links im Überblick:


    Das Restprogramm...

          ...fällt leider ins Wasser. Ich zeige Johann noch ein paar Standardobjekte für seinen 8" Dob. Aber während ich dann versuche, den ersten PN zwischen Cygnus und Cepheus für mein Beobachtungsprogramm einzustellen, verdichten sich die Cirren mehr und mehr... Oh Mist ! Ich sehe den PN noch, aber für Detailbeobachtungen reicht es dann nicht mehr... Ausserdem stelle ich fest, dass ich doch zu nahe am benachbarten Waldrand stehe und Jupiter + Neptun von den Bäumen verdeckt werden - arrrgh... Aber die Bewölkung ist ohnehin schon ziemlich stark geworden. Wir quatschen noch 'ne ganze Zeit lang - ist ja auch mal wieder nett - aber richtiges Boebachten geht nicht. Als alles Equipment wieder im Auto verstaut ist (gegen 2Uhr) reisst der Himmel dann aber wieder auf ...Herrgott !

    Aber seien wir mal nicht undankbar: mein erster ISS Überflug war echt klasse ! :-)

Version: 08.09.2009
Initial: 17.07.2009
© 2009 by P. Surma