Beobachtungen
(1) Showtime
→ CrossRef
Als ich gegen 21:15 am Platz ankomme, herrscht schon Hochbetrieb. Thomas (S.) ist an seinem Dobson
schon beim Justieren, Steffen und Thomas D. aus dem VHS-Kurs
sind auch schon da und haben eigene Geräte mitgebracht. Kurze Zeit später treffen Karen + Andreas nebst
Cerberos ein. Geplant ist heute - ausser der Kursreihe - ein bisschen erstes Spazieren am Himmel mit
den kleinen Geräten aber auch meinem 20" Dob. Später (wenn die VHS-Kollegen Frostbeulen bekommen
haben, darauf spekuliere ich :-) kann ich mich sicher noch meinem eigenen Programm (s.u.) widmen ... und so
kommt es dann auch... :-).
Die Verhältnisse in SCHL sehen heute recht gut aus. Kein Hochnebel, schon jetzt zu Beginn recht dunkler
Himmel: 21.4 mag/sas. Viel besser ist es im Nordschwarzwald auch nicht ! Auch die Temperatur ist erträglich
und der Hauptvorteil, wir haben recht trockene Luft (selbst am Ende der Nacht gibt es später kaum Reif auf
den Tuben) !
Wir fangen an zu beobachten. Steffen + Thomas springen immer zwischen dem Dob und Ihren eigenen
Teleskopen hin und her. Karen + Andreas sind erstmal begeistert vom 'fantastischen Himmel', den man so natürlich aus
Downtown Heidelberg nicht kennt. Ein paar Sternbilder müssen auch noch erklärt werden, und der
Saturn wird vorab identifiziert...
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M45 Plejaden (OC, Tau) - Mit APO + Feldstecher
machen sich Karen + Andreas erstmal an ein paar einfache Übungsobjekte zum Eingewöhnen:
also an die Plejaden und die - von Karen besonders geliebten Aldebaran + Beteigeuze - ein erster Hang zum
oberen/roten Ende des HRD wird deutlich...
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M42 Orionnebel (Neb, Ori) - Bevor uns
M42 noch in den Buschreihen 50m entfernt untergeht, geht es als erstes zum Orion. Er hängt schon
tief und ist - vor dem am Horizont aufgehellten Himmel - nicht mehr sooo beeindruckend. Zur Kontraststeigerung
kommt gleich ein UHC-Linienfilter in den Strahlengang. Dennoch kann man schön das Trapez und das helle Gas
sehen, vorgelagert der Staub, der Sterne + Gas verdeckt.
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Saturn mit Monden (Leo) - Ein Schaustück des
Abends ist natürlich Saturn. Im Dob sieht er schon im 20mm
Okular (100x) klasse aus. Er ist von einigen 'schwachen
Sternchen' umringt, alles Monde (siehe Bild unten, v.l.n.r.): Thetys (10.1mag), Mimas (12.8mag), Titan (8.2mag, etwas erhöht
rechts oberhalb der Ringebene, schon scheibenförmig gezeigt),
Enceladus (11.6mag), Dione (10.3mag) und Rhea (9.6mag).
Saturn selbst ist 0.5mag hell und hat derzeit einen Durchmesser von 20" (120.500 km), die Neigung der Ringebene liegt im Moment
bei nur noch 3° gegen die Sichtlinie. Am 4. September werden wir auf der Erde den Ring genau in
Kantenstellung
sehen - genauer gesagt: eben 'NICHT sehen', denn sie sind nur wenige 10km dick und dann selbst für das Hubble Space Telescope
unsichtbar (wenige 0.001arcsec , Auflösung HST ca. 0.01arcsec) ! Hier ein schönes Wikipedia-Bild, das den
Wechsel der Ansicht ins Ringsystem mit den Jahren zeigt.
Saturn mit Monden, Feldgrösse ca. 3' x 1'
Durchmesser Saturn ca 20", Grafik erstellt mit Guide 8.0
(zum Vergrössern Bilder anclicken !)
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M44 Praesepe (OC, Cnc) - ist auch ein nettes
Vorzeigeobjekt. Man sieht ihn schon mit blossem Auge auf halbem weg zwischen Leo und Zwillingen. Letztlich ist er
im BigFinder am schönsten - zu hohe Vergrösserung schadet hier nur...
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Alcor + Mizar (DS, UMa) - der Doppelstern-Klassiker,
leicht zu finden, und dann auch noch 3fach.
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h + χ Persei (2x OC, Per/Cas) - - der
Sternhaufen-Klassiker, ebenso leicht zu finden. Eindrucksvoll auch noch im Dob, wie viele Sterne sichtbar sind !
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M13 (GC, Her) - ein eindeutiger Hingucker !
Bei mittlerer
Vergrösserung im Dobson - obwohl er gar noch nicht so hoch steht - brutal. Wie auf einem Foto !
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M51 Whirlpool Galaxie (Gx, UMa/CVn) -
hm, sagt Karen, was ist das denn ? Vielleicht dies, oder jenes oder gar noch was anderes ? Die Frage aber ist
erstmal:
was SIEHT man ?! Die Spiralarme sind dann aber doch gut auszumachen, oder etwa nicht ? :-)
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NGC4565 - Nadelgalaxie (Gx, Com) -
jetzt das Ganze mal von der Seite gesehen: edge-on (M51 war gerade face-on). Schön wie der Kern durchscheint
und der Staub vor der Scheibe die Galaxie teilt.
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M97 Eulennebel (PN, UMa) - als Rausschmeisser
agiert schliesslich der Eulennebel. (Auf den ersten Blick) strukturlos ja, aber dennoch physikalisch (späte Sternentwicklung,
Massenverlust, Anreicherung des ISM) ein interessantes Objekt. Thomas denkt jetzt schon an seinen Eskimonebel ...
Es hat - hoffe ich - Spass gemacht ! Aber jetzt sind die Zehen (und auch der Inhalt von Karen's Wärmflasche ?) gefroren.
Die VHS-Kollegen machen sich auf den Heimweg und hoffen bald auf den nächsten Beobachtungsabend.
M45 Plejaden, Feldgrösse 78' x 60',
© STScI Digitized Sky Survey
M42 Gesamtansicht, Feldgrösse ca 90' x 90',
Süden recht oben, Osten rechts unten, Farbbild © PS 2006
M44 Praesepe, Feldgrösse 60' x 60',
© STScI Digitized Sky Survey
h+ χ Persei, Feldgrösse 60' x 60',
© STScI Digitized Sky Survey
M13 (Her), Feldgrösse 30' x 30',
© STScI Digitized Sky Survey
M51 Whirlpool, Feldgrösse 30' x 30',
© STScI Digitized Sky Survey
NGC4565 Nadel, Feldgrösse 30' x 30',
© STScI Digitized Sky Survey
M97 Eulennebel, Feldgrösse 30' x 30',
© STScI Digitized Sky Survey
(2) Der North Galactic Pole (NGP)
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An mir sind 2 Stunden beobachten nicht spurlos vorüber gegangen, also snacke ich erstmal
ein paar Kekse und eine grosse heisse Tasse Schwarztee, um mich auf das Kommende optimal
vorzubereiten. Rundum sind die Lichter der Dörfer deutlich schwächer geworden und ich messe
nochmal den Himmel: Wahnsinn ! - 21.65mag/sas sind reproduzierbar
immer wieder zu messen (Durchschnitt der dunkelsten Himmelsstelle, zenitnah). Auch das
Seeing ist
sichtlich hervorragend: erst bei 5mm Okularbrennweite (400x) werden die Sterne ganz leicht flächig,
vorher sind es perfekte Punkte, ohne jedes Flackern. Wir haben heute hier also besseren Himmel
(und besseres Seeing) als oft im Nordschwarzwald - fast schon Alpenverhältnisse ! - Thomas ist
ebenfalls begeistert - eine Galaxien-Nacht par excellence !
Karen hat kurz vorm weggehen noch gefragt, wo denn eigentlich die Milchtrasse sei. Eine berechtigte Frage,
weil man sie ja bei diesen Verhältnissen gut sehen müsste. Jetzt gegen 0h Mitternacht steht sie aber ganz tief
im Norden, 'liegt' quasi auf dem Nordhorizont. Blickt man dagegen
nach Süden, so
steht in 65° Höhe über dem Südpunkt das unscheinbare Sternbild Coma. In Coma liegt der NGP, der sog. North Galactic Pole (bei Koordinaten 2000.0:
α=12h51m26s δ=27°07'42'',
siehe Wikipedia).
Das ist also sozusagen der 'Polarstern der Galaxis', um den sich die Galaxis
in 220 Mio Jahren einmal dreht. Und: weil wir also den NGP
so gut sehen können, schauen wir in dessen Umgebung - ziemlich ungehindert durch die Objekte und den
Staub der Milchstrasse - senkrecht
aus der galaktischen Scheibe hinaus. Die Spiralarme und die
Scheibe der Galaxis liegen also nur ca 25° (nach Süden) gekippt gegen den Erdboden unter meinen Füssen
- und ich sehe senkrecht hinaus in den freien extragalaktischen Raum.
Und von dort draussen schaut der Virgo-Haufen - also M87 et al. -
face-on auf (mich und :-) unsere Milchstrasse (weil von 'oben', also als offene Spirale). Der Perseus-Cluster
- d.h. NGC 1275 et al. - dagegen liegt auf dem galaktischen Äquator und sieht edge-on auf unsere Galaxis
('von der Seite').
Sich das jetzt an Ort und Stelle klar zu machen, ist schon echt aufregend (für Leute wie mich)
und wirkt irgendwie bewusstseinserweiternd :-).
Diese Konstellation jetzt im Frühjahr ist ja letztlich auch der Grund,
warum diese Jahreszeit als ausgesprochene Galaxienzeit gilt. Bei α =12h, welche
jetzt um Mitternacht (zum Frühlingsanfang) kulminiert, liegt ja der Virgohaufen,
und nur 2 Grad ONO des NGP befindet sich der Comahaufen
(gemeint ist der Galaxienhaufen um NGC4884/4871, und nicht - wie z.B. im Karkoschka - der lockere Sternhaufen südlich von γ Comae !)
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(3) Die Supergalactic Plane (SGP)
→ CrossRef
Wenn man sich das Gebiet nördlich des NGP bis UMa genauer ansieht, so fällt auf, dass sich dort eine deutliche
Galaxienhäufung in UMa/CVn findet (siehe Einführung). Hier will ich heute
entlang meines UMa Tracks
entlang hoppen.
Von der Physik her fragt man sich aber: Ist das eigentlich ein weiterer Cluster, wie Virgo oder Coma ? Wo liegen diese Galaxien im
Raum - entfernter oder näher als z.B. Virgo ? Welcher Natur ist diese recht offensichtliche Struktur überhaupt ?
Um dies zu untersuchen, fertige
ich mir Karten der Gx-Verteilung um den NGP mit verschiedener Grenzgrösse
(11.5 - 15.5mag):
Gx-Verteilung um den NGP in galaktischen Koordinaten
(Zum Vergrössern anclicken!)
Wenn man hier die Grenzgrösse langsam erhöht (click neben Limit), sieht man besonders
mit Limit <13.5mag die besagte lineare Struktur in der Galaxienverteilung : eine (etwa) durch den NGP
laufende Linie mit Gx-Überhäufigkeit, allerdings vor allem für helle Galaxien < 13.5mag. Sie beginnt schon südlich von Virgo, läuft an Coma vorbei und durchquert dann nach
Norden Canes Venatici hinein nach Ursa Major. Diese Struktur ist als die Supergalactic Plane (SGP) bekannt.
Sie wurde schon vor 200 Jahren von William Herschel bemerkt, in neuerer Zeit aber erstmals von
de Vaucouleurs (1953) genauer beschrieben. Von
Lahav et al. (2000)
hat es erstmals solide quantitative Analysen dazu gegeben (die Koinzidenz zwischen NGP und Supergalactic Plane ist
natürlich reiner Zufall und hat keine phys. Relevanz).
Dass die SGP vor allem bei <13.5mag Limit sichtbar wird, zeigt schon, das es sich um eine relativ nahe Struktur handeln muss.
Der Virgocluster (untere Hälfte der Karte) erscheint deutlich schon bei gleichem Limit, Coma (Bildmitte, direkt link oberhalb des NGP) tendenziell erst 1mag tiefer
(Limit 14.5mag). Stichpunktartig
habe ich auch die Redshifts der von mir ausgesuchten Galaxien (dies erzeugt allerdings einen Bias für helle Gx) durchgesehen: sie liegen
alle in einer Distanz bis 1100 km/sec, also maximal bis Virgo-Distanz (mit Virgo-Infall entsprechend ca 20Mpc, 60 Mio Lj). Es ist klar,
dass die SGP eine Struktur des (kosmologisch gesehen) nahen extragalaktischen Raums ist. Der Virgocluster gilt im Übrigen als das
Zentrum der SGP und Virgo + Umgebung werden manchmal auch als Local Supercluster bezeichnet.
Das alles mag manchem etwas akademisch erscheinen - aber man muss doch sagen: man kann diese Struktur wirklich sehen, sie fällt auf Galaxienkarten
deutlich auf. Ausserdem kann man ohne Probleme Objekte darin beobachten. Die Vorstellung diese riesigen Supercluster (einen Cluster von Clustern)
mit mehr als 60° Ausdehnung am Himmel (rund 100 Mio Lichtjahre) über unseren Köpfen hängen zu haben ist jedenfalls schon ein Thrill.
Time to hike the UMa Track ... :-)
(4) NGC 3718 = Arp214 und Hickson 56 (Gx, UMa)
→ CrossRef
Mein UMa Track beginnt direkt unterhalb des Wagen-Kastens: auf 1/3 der Strecke zwischen γ (li. u.) und
β UMa (re. u.) steht der 5.6mag Stern HD100615, in dessen Nähe man schon die ersten 3 Galaxien mit 12mag
(NGC3738, 3738, 3756) sieht. Mein Weg führt mich aber noch 1.7° südlicher zu NGC 3718 = Arp 214,
einer pekuliaren SB
Galaxie. Sie wirkt im DSS nicht gerade extrem prominent, verspricht aber interessante Strukturen. Nur, ob diese
sichtbar sein werden ? Aber besser als 21.6mag/sas Himmel und Zenitstellung wird man wohl selten bekommen ...
Wow ! Ich bin total baff wie gut die Galaxie zu sehen ist, ich juble schon zu Thomas hinüber er solle kommen und sich das
mal ansehen !
Tatsächlich ist NGC 3718 (mit 11.6m) sehr gut zu erkennen. Die langen Arme nach N und S mit niedriger FH kann ich zwar nicht
sehen, aber die grundsätzliche Form sehr gut. Ausserdem ist im 9mm das feine Staubband
durch den Kern detektierbar.
Bei direktem Sehen kommt und geht es immer wieder, aber es bleibt reproduzierbar wiederzuerkennen. Klasse ! Die
Ansätze der Arme nach N und S sind bei indirektem Sehen dann auch gerade noch zu sehen. Schöne Details für
eine Galaxie, die grob in Virgo-Entfernung (v=1100km/sec, also nah am Zentrum der Supergalactic Plane) steht.
Südlich der Galaxie finde ich noch ein paar kleine Galaxien (um die 15mag und schwächer schätze ich) -
was ist denn das ? Zuhause stellt sich später heraus: das ist Hickson 56. In Reiner Vogel's Hickson-Katalog
kann man sich das prima ansehen. Die Gruppe liegt weit im Hintergrund der 3718, bei v = 8000 km/sec (grob 7xVirgo)
und besteht aus den 5 Komponenten a-e, mit B-Helligkeiten zwischen 14.8 und 16.8mag (V-Helligkeiten sollten grob
0.6mag heller sein). Auch die
recht schwächliche (weil in N-S-Richtung langgezogene) a-Komponente kann ich gut ausmachen, sie dürfte um v = 15.4mag
besitzen. Die kleinen Komponenten im N sehe ich nicht definitiv alle einzeln, aber es ist klar, dass da mehrere Galaxien in
einer Reihe stehen. Eine der lieben Kleinen (PGC 35620 = UGC 6527 = MK 176) ist übrigens eine Seyfert Galaxie.
Der grosse Wagen steht jetzt genau über unseren Köpfen und ich muss mit dem Dob beim Positionieren schon ganz schöne
Pirouetten drehen (Polstelle der Azimutalmontierung). Während ich die Objekte suche, dreht sich dadurch andauernd die
Orientierung des Bildfelds am Notebook ...
NGC 3718, Feldgrösse 30' x 30',
© STScI Digitized Sky Survey
(5) M109 (Gx, UMa)
→ CrossRef
Ich springe 3° nach Osten, rüber zu γ UMa (Kasten li.u.). Nochmal ein halbes Grad weiter steht der 10.6mag-Klopper M109.
Da ich bisher noch keine Balkenspirale wirklich eindeutig sehen konnte, versuche ich hier mein Glück. Im DSS
sieht der Balken ja sehr prominent aus. Visuell sieht das nicht ganz so kontrastreich aus, aber der Balken ist
durchaus zu erkennen. Man sieht sehr deutlich, dass der Positionswinkel des Innengebiets relativ zur äusseren
Scheibe (am besten bei Bewegung sichtbar) um 45° verdreht ist. Ausserdem erscheint das Zentrumsgebiet deutlich langgestreckt.
Indirekt sehe ich auch
vage Andeutungen der Ripples, also der 2 Arme, die man man radial nach aussen durchquert (im DSS deutlich) - visuell
ist das aber hart an der Grenze des Machbaren (wenn das DSS Bild nicht wär...).
Auch in der weiteren (2°) Umgebung von M109 gibt es wieder weitere Galaxien zu sehen - super ! Ich bin total
begeistert: überall tauchen schwache Fuzzies auf - genau wie es bei Kriege/Berry heisst in 'The Dobsonian Telescope':
Wherever you point your telescope, you see galaxies. :-)
M109, Feldgrösse 20' x 20',
© STScI Digitized Sky Survey
(6) NGC 4088 = Arp18 (Gx, UMa)
→ CrossRef
Während beim Starhop immer wieder Galaxien durchs Bild ziehen, geht es 3° nach Süden, wo NGC 4088
(11.1m) steht. Ihre klar erkennbare S-Form schmeisst mich wirklich fast von der Leiter. Wow, oh wow !
(Ich hoffe Thomas ist nicht schon genervt von meinem Enthusiasmus :-) Bei hoch-konzentriertem Beobachten
sind überall in der Galaxie Knoten und Verdickungen zu erkennen: grosse HII Gebiete.
Am NO-Ende hängt noch ein
abgetrenntes, grosses Gebiet dran. Wirklich unglaublich wie gut man diese Details hier sieht !!! Genial ! Sieht schon
fast nach Starburster aus - tatsächlich steht ja gerade mal 11' südlich ein kleiner Nachbar. Beide Galaxien haben
um die v= 730 km/sec Redshift, also sind sie ein physikalisches Paar (keine reine Projektion) und eine frühere Passage bzw.
Wechselwirkungs-Anregung zur Sternbildung ist hier sogar wahrscheinlich. Die 11' übersetzen sich für diese Entfernung
in nur 100.000 Lj Relativ-Abstand, das ist gerade mal soviel wie der Durchmesser unserer Galaxis - also recht nah ...!
Ausserdem gab es 1991 die SN1991g in NGC4088, die von einigen Autoren (u.a.
Blanton et al. 1995) intensiv untersucht worden ist.
Anmerkung am 16.04.2009:
Es gibt die neue Supernova SN 2009dd
in NGC 4088. In der Beobachtungsnacht ist mir ein heller Stern neben dem Kern aber nicht aufgefallen.
Sie muss also in der Zwischenzeit seit dem 20.3. hochgegangen sein. Wow ! Entdeckungsdatum war der 14.4.2009.
Hoffentlich haben wir bald Gelegenheit, das Ding zu beobachten...
Weitere Links über die CrossRef.
Beobachtung der Supernova vom 21.04.2009:
Ich hatte am 21.4. endlich Gelegenheit, SN2009dd zu beobachten. Dabei konnte ich die etwas schwachen (14.5m) V-Messungen aus dieser
Lichtkurve nicht bestätigen. Ca 3.5' NO des Kerns steht ein 13.8mag Stern. Ich hätte die SN2009dd auf mindestens gleiche Helligkeit geschätzt, eher noch etwas (0.1-0.2m) heller, also etwa bei 13.6-13.7mag (Okular 5-9mm, 20.7mag/sas Himmel). D.h. die SN ist durchaus
noch in 6" Geräten erreichbar. Für Helligkeitsschätzungen hier noch ein Referenzbild -
Vorsicht: markiert ist hier die SN1991g (Blanton et al. 1995) - aber die R und B (!)Sternhelligkeiten sind zum Schätzen einigermassen nützlich.
Der Helligkeitsabfall der Supernova (von der Initialhelligkeit zum Entdeckungszeitpunkt)
ist Stand heute (24.4.) noch nicht wirklich sichtbar. Je nach SNII-Subtyp geht der Helligkeitsabfall
recht schnell (SN II-L) oder eher Plateau-artig (SN II-P, längere Zeit konstant). Im Moment sieht es nach einem Plateautyp aus...
NGC 4088, Feldgrösse 20' x 20',
© STScI Digitized Sky Survey
DSS-Bild oben zum Vergrössern anclicken !
Entdeckungsbild der SN2009dd
Referenzbild mit Vergleichssternen zu SN1991g
(7) NGC 4157 (Gx, UMa)
→ CrossRef
NGC 4157 ist nicht so aussergewöhnlich wie die vorigen Objekte, aber ein Exemplar von Galaxien,
denen man immer wieder in der Gegend über den Weg läuft: Edge-on Spiralen. Und wie hier, sind darin
oft Staubbänder zu beobachten, wie man es von NGC 891 oder NGC 4565 kennt. Aber ich bin schlicht
überrascht von der Masse von Objekten mit solchen Details. Normalerweise kennt man ja
nur einige wenige typische + helle Vertreter und nimmt an, bei anderen Galaxien seien solche Features
einfach nicht zu sehen. Aber man muss sich immer klar machen: diese Galaxien sind so weit
entfernt wie Virgo - und in solcher Entfernung sind durchaus Details erkennbar. Ich denke die Gegend um
den UMa Track wird von der amateurastronomischen Forschung :-) wirklich schwer vernachlässigt ...!!!
NGC 4157, Feldgrösse 20' x 20',
© STScI Digitized Sky Survey
(8) M106 (Gx, UMa)
→ CrossRef
Wieder ein besonders helles Exemplar, mittig zwischen γ UMa und β CVn gelegen,
aber schon zu den Jagdhunden gehörig. Mit 9mag ist sie easy schon in meinem Finder zu erkennen.
Im Dob ist die Grundstruktur schon gut zu erkennen, aber nicht so extrem viele Details. Mich fasziniert eher
die Vielfalt an Objekten in der Umgebung: im Umkreis von 1° gibt es einige Galaxien der 12-13mag
Klasse. Herausragend ein halbes Grad westlich vor allem NGC4217, eine 891-ähnliche edge-on Spirale
mit Staubband ('Sandwich'-artig). Überhaupt scheint es hauptsächlich edge-on's dort zu geben (NGC 4217,
4220, 4248, 4346, 4144).
M106, Feldgrösse 20' x 20',
© STScI Digitized Sky Survey
(9) NGC 4449 (Gx, UMa)
→ CrossRef
Mich zieht es 3.5° gen SSW zu NGC 4449 (v = 10mag). Beim Raussuchen der Objekte zuhause dachte ich: interessantes Objekt,
erinnert vom Aussehen ein bisschen an Barnard's Galaxie NGC6822
(siehe CrossRef oder in diesem BB).
Aber naja, dann wird's ja wohl (geringe Flächenhelligkeit) eher schwierig werden ...
Dann stelle ich das Ding im Dob ein und flippe fast aus - oben auf der Leiter ! :-)
Wahnsinn, wieviele fantastische Details dieses Objekt zeigt !!!
Ich kann es kaum glauben, aber im Dob ist das Bild fast ebenso detailreich wie im DSS zu sehen.
Natürlich zeigt das DDS-Bild mehr Kontrast und die Details sind klarer - dennoch: fast ebenso sehe
ich es heute visuell in meinem 20" Dob ! Man sieht den hellen + langgestreckten Zentralbereich und
darum herum gruppiert die vielen HII Regionen:
zunächst im Norden die grosse helle Region, dann aber auch die 3 kleinen, fast sternförmigen
Knoten, die unterhalb (S) der Galaxie in einer Reihe von NW nach SO angeordnet sind. Insgesamt macht
das Ding eine hochstrukturierten Eindruck. Wa-ahn-si-inn ! :-)
NGC4449 muss eine Art Starburster sein, so viele helle HII Regionen sind nicht
selbstverständlich. Abgesehen von der Flächenhelligkeit erinnert sie wirklich an die besagte NGC 6822 - nur eben
mit höherer FH und sehr viel mehr + besser sichtbaren Details!
Als ich später die Literatur scanne, zeigt
sich, dass 4449 in einschlägigen Kreisen tatsächlich ein sehr bekanntes Objekt
ist. Es gilt - zusammen mit der LMC (Grosse Magellansche Wolke) als Prototyp einer Irr I Galaxie,
welche charakterisiert werden durch (i) Fehlen von Rotationssymmetrie, (ii) hoher Gasgehalt (neutraler Wasserstoff = HI Gas in 4449:
2.4 x 109Msun,
jedoch vergleichsweise aussergewöhnlich wenig CO), (iii) hohe FH und (iv) viele junge OB Assoziationen. Die Galaxie
hat eine relativ hohe Sternentstehungsrate von SFR = 0.8 Msun /yr,
die natürlich verantwortlich für ihr strukturiertes Aussehen ist - viel Sternentstehung macht viele HII-Gebiete und
viele helle junge Sternhaufen (dann OB Assoziationen). Im Radiobereich (Hunter et al. 1998) sieht man, dass das Wasserstoffgas eine grossräumige + komplexe Verteilung aufweist (zwei gegeneinander
rotierende Gassysteme mit 50' Durchmesser). Möglicherweise stammt dies aus einer Wechselwirkung (Kandidat wäre die
Galaxie DDO 125 = UGC7577, 41kpc = 36' von NGC4449 entfernt). NGC4449 hat eine relativ niedrige Rotverschiebung von
nur 245 km/sec (relativ zur Local Group) und liegt bei einer Distanz von etwa 3 Mpc (10 Mio Lj) (Distanzmodul (m-M) =27.3mag).
In dieser Entfernung hat die Galaxie einen Durchmesser von ca 5 kpc (15.000 Lj), bei einer Absoluthelligkeit von MB
= -17.9. Wenn man dies mit der Milchstrasse vergleicht wird klar, NGC 4449 ist eher eine Zwergalaxie (MW besitzt eine Absoluthelligkeit
von ca -20mag).
Diese physikalischen Details und wie detailliert man NGC4449 in dieser Nacht sehen konnte, machen sie für mich wirklich zum
Objekt des Abends - hochgradig empfehlenswert für alle Galaxien-Fans - Prädikat: unbedingt angucken! :-)
NGC 4449, Feldgrösse 20' x 20',
© STScI Digitized Sky Survey
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