Beobachtungsbericht 25./26.10.2008
(10/2008)
Die Spitze des Edelweiss
Beobachter: | P. Surma |
Datum/Zeit: | 25./26.10.2008, 21:00 - 3.30 MESZ |
Ort: | EDWS |
Kollegen: | Sabine W., Uwe Glahn, Friedl Lamprecht |
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Sonne: |
Sonnenuntergang 18:10 MESZ
Astronomische Dämmerung (Ende/Anfang): 19:44 / 6:00 MESZ
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Mond: | kurz vor Neumond (8%), Aufgang 4:48 MESZ |
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Wetter: |
Wolkenlos, windstill, trocken |
Temperatur: | 0° bis -4°C |
Atmosphäre: |
Seeing sehr gut |
Himmel: | max 21.7 mag/sas, 2. Nachthälfte schlechter: ab 1h um die 21.55 mag/sas (SQM-L)
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Teleskop: | 20" f/4 Dob
+ 6" f/5 Newton Bigfinder,
10x50 Feldstecher
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Montierung: | Dobson (manuell) |
Filter: | Astronomik UHC, OIII, Hβ |
Okulare: (Dob / Finder ) |
f | 31mm | 20mm | 13mm | 9mm | 5mm |
AP | 7.8mm | 5mm | 3.3mm | 2.3mm | 1.3mm |
V | 65x | 100x | 155x | 225x | 400x |
Feld | 1.25° | 0.8° 50' | 0.5° 30' | 0.36° 22' | 0.2° 12'
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Maglimit | 15.8m | 16.5m | 16.9m | 17.1m | 17.0m |
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AP | 6.2mm | 4.0mm | 2.6mm | 1.8mm | 1.0mm |
V | 24x | 38x | 58x | 83x | 150x |
Feld | 3.4° | 2.2° | 1.4° | 1.0° | 0.55° 33' |
Maglimit | 13.6m | 14.1m | 14.5m | 14.7m | 14.9m |
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Objekte: |
Diffuse Emmisionsnebel (Neb):
Cirrus, Nordamerika + Umgebung, Pelikan, Pacman, M42 + Running Man, Barnard's Loop,
Rosette, California, IC434 + B33
Dunkelnebel (DN):
Barnard's DN, DNs bei M39, LDN 1036 et al., Cepheus/Polaris-Flare, Pferdekopf B33
Galaxien (Gx):
IC 1613, M31 + M32 + M110, M33, UGC 330, NGC 404
AGN (Quasare, Seyfert, BL Lac):
-
Cluster (GxCl) + Gruppen (GcGrp)
Perseus-Cluster
Planetarische Nebel (PN):
M1, M27, M57
Planeten + Monde:
Jupiter
Sternhaufen:
M11, M39, M45, Hyaden, h+ χ Persei, M37/38/39, M13, M15,
G1/Mayall II (M31-GC), M35 + NGC 2157
Sterne:
LBVs 'Var B' in M33, Crab-Pulsar (?)
Anderes:
Zodiakallicht, Gegenschein, Breite der MW
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Bilder der Objekte: © STScI Digitized Sky Survey.
Alle Daten + Zeiten (in MESZ) aus Guide 8.0.
Klick auf die Nummer in der Übersicht springt zu dem Objekt. Klick auf das
→ CrossRef -Symbol vor jedem Objekt
springt auf eine Seite mit zusätzlichen Links + Infos. Maglimits der Okulartabelle sind gerechnet
 für optimale Bedingungen im Zenit und fst 6.5m. Meine subjektiven Highlights der Nacht sind gelb markiert.
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Nacht im Hochgebirge
Blick nach Südwesten um 22:45 MESZ
Bildmitte: Nordamerika-Nebel + Deneb, rechts unterhalb der Mitte: Wega,
oben in der Milchstrasse: Cassiopeia, links davon M31 Andromeda
Cepheus/Polaris-Flare ist angedeutet !
Aufnahmedaten: 110° x 70° Feld, f=14mm, f/5.6, 30sec, 3200 ASA
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Beobachtungen
(1) Ein Ausichtspunkt in fast 2600m Höhe
→ CrossRef
Unsere Anfahrt von nahe Salzburg ins Glocknergebiet dauert gut 1 1/2 Stunden. Die Serpentinen
der Glockner-Hochalpenstrasse
kosten uns zum Schluss auch nochmal einige Zeit. Besonders der Gipfelteil ist wirklich... 'interessant' ! Deshalb
kommen wir erst nach 20h auf dem Gipfel-Parkplatz
an. Etwas spät, ich hab beim Hochfahren schon einige Gewissensbisse wegen der (wahrscheinlich anwesenden)
Kollegen, denen wir in die schon beendete astronomische Dämmerung reinplatzen ... Sorry, sorry !
Ich sag noch zu Sabine, dass sicher Uwe Glahn oben sein wird, und ... so ist es tatsächlich !
Wirklich nett, sich endlich mal persönlich kennenzulernen ausserhalb der Webforen :-). Ausserdem
ist noch sein Kufsteiner Kollegen Friedl da, beide mit grossen Dobsons schwer bewaffnet.
Der Beobachtungsplatz hier oben auf dem planierten Gipfel ist super - der Rundblick
grandios ! Man sieht die
teilweise schon (oder besser: noch) verschneiten
Gipfel, dazu praktisch rundum Horizontsicht bis h=0°. Der Horizont ist - wenn überhaupt - dann nur in
geringe Höhen aufgehellt, vor allem ein bisschen in Richtung Norden (Zell am See). Aber das stört
keineswegs. Der Himmel ist - selbst schon nach kurzer Dunkeladaption - sehr beeindruckend,
deutlich jenseits der magischen 21.4mag/sas (die ich im Schwarzwald öfter habe), das sieht man gleich.
Die Milchstrasse ist natürlich sofort mit Struktur und bis 10° über dem Horizont deutlich zu sehen.
Ich hatte erwartet, dass es windig und sehr kalt sein würde. Aber ich bin angenehm überrascht:
absolut kein Lüftchen regt sich und es ist - relativ zum Beobachtungsplatz auf fast 2600m Höhe gesehen - sehr
mild. Knapp über Null Grad - später in der Nacht geht es auf wenige Grad unter Null runter und das
Schmelzwasser auf dem Parkplatz gefriert. Aber für die Jahreszeit und die Lage, wirklich ideale
Verhältnisse.
Der Aufbau des Dobs erfolgt am Südende des Parkplatzes und nach einer
guten 3/4 Stunde kann es endlich
losgehen. Da ich heute Sabine dabei habe (Ostern + Weihnachten fiel wohl auf den gleichen Tag, und sie hat sich
gnädig überreden lassen!), muss
ich auch 'ne ordentliche Show abziehen und ihr erstmal die ganzen Highlights am Himmel zeigen. Richtig
unrecht ist mir das auch gar nicht, weil ich unter solchen Bedingungen den 20-Zöller auch noch nie
benutzt habe. Da ist man neugierig, wie die Objekte bei diesen Verhältnissen aussehen...
Zusätzlich zum 20er haben wir parallel den 6" Bigfinder-Newton montiert, durch den wir auch immer
wieder tolle Richfield-Blicke (max. 3.4°) werfen können- genial bei den Grossobjekten. Super dabei ist auch, dass
zwei Leute parallel schauen können: als 'Guide' kann man im Bigfinder über die Objekte hinwegfahren und
erklären während der andere am Dob-Okular hängt und sich die Details ansieht.
Dieser Setup macht sich für's Showbiz also absolut hervorragend ! Ein paar Meter weiter stell' ich noch meinen
10x50 Feldstecher (6.5° Feld) aufs Stativ mit Neigekopf. Das liefert uns noch weitere angenehme
Beobachtungsmöglichkeiten und tolle Übersichten...
So hupf ich dann immer hin und her und stelle ein Objekt nach dem anderen ein,
damit's der Frau auf keinen Fall langweilig wird und das Rumgemaule nicht zu früh anfängt ...:-)
(2) Touristen-Attraktionen
→ CrossRef
Zunächst bewahrheitet es sich tatsächlich, dass man angesichts der vielen Sterne beim Aufsuchen
irritiert sein kann. Sternbilder die normalerweise relativ schwache Sterne besitzen, gehen hier oben
viel eher in der Fülle der Sterne unter. Dennoch finde ich schliesslich den Grossen Wagen ... :-)
Wir fangen an, uns die wichtigesten Objekte des (langsam scheidenden) Sommerhimmels anzuschauen - später kommen
dann auch schon die Herbst- und Winterobjekte:
- M11 - Wir fangen im Feldstecher erstmal mit M11 und der
Schildwolke im Westen an. Die Milchstrasse ist unglaublich prominent zu sehen. Und Dunkelgebiete sind wirklich sehr markant zu erkennen !
- M13 - tierisch gross und sternreich
- M57 - der bekannte Ringnebel (Uwe hat ihn in dieser Nacht eingehend beobachtet + gezeichnet -
hier sein sehr interessanter Bericht).
- M27 - für uns deutlich eindrucksvoller als der Ringnebel, auch mit mehr
(und einfacher sichtbaren) Details (Helligkeitsvariationen, Sterne im Nebel, Struktur). Hier vergleichen wir auch mal die Ansichten in FS, Bigfinder + Dob: das grosse Feld im BigFinder ist
beeindruckend, weil M27 plastisch im sternerfüllten Raum der Milchstrasse zu schweben scheint. Im Dob wie gesagt
tolle Details - selbst Sabine ist begeistert.
- M15 - Auch sehr eindrucksvoll, der zentrale Cusp ist sichtbar und wird erläutert.
An M15 wird auch sichtbar, dass das Seeing heute genauso (hervorragend) gut ist wie vor einigen Wochen in SCHL ! (Auch der Umkehrschluss gilt: auch
im 'Flachland' auf 500m hatten wir schon solches Seeing - aber es ist dort natürlich sicherlich seltener, ja !)
- Barnard's Dunkelnebel im Adler - die drei Finger ganz klar abgesetzt
schon im FS zu sehen. Im BigFinder auch klasse kontrastiert im vollen Feld.
- Nordamerika - NGC 7000 steht abgefahren klar im BigFinder mit OIII Filter !
Absolut wortwörtlich 'wie ein Foto' ! (nur die Farbe fehlt). Das grosse Feld tut ein übriges. Klasse als Show-Objekt natürlich auch, weil jeder die Form
sofort erkennt. Im Feldstecher (ohne Filter) fällt
mir noch folgendes auf: es sieht gar nicht so aus, als ob NGC 7000 das eigentliche abgegrenzte Objekt sei. Vielmehr ist
die Sterndichte in der gesamten Gegend so hoch, dass man den Eindruck hat man habe über viele Grad hinweg ein
gleichmässig helle Fläche (in der Sterndichte) und darauf lägen dann die Dunkelwolken, die die Sterne verdecken.
Nordamerika tritt eher in den Hintergrund, die Objekte sind die Dunkelwolken. Und wenn man mal von der Wasserstoff-Emission
absieht (kein Filter) ist diese Sichtweise ja auch völlig richtig !
- Pelikan - Auch IC 5010 ist im BigFinder/31mm/OIII sehr gut zu sehen. Der offene Schnabel, der sehr
helle Hinterkopf. Sabine hat hier deutlich mehr Schwierigkeiten bei der Formerkennung (die hellen + dunklen Nebel sieht sie natürlich). Klar, die
Form ist wesentlich abstrakter.
- Cirrus Wirklich fantastisch ! So gut hab ich persönlich den Cirrus noch nie gesehen.
Vor allem die heute wirklich aussergewöhnlich feinen + sehr scharf begrenzten 'Fasern' die im Nebel auftauchen sind erstaunlich !!! Sabine fährt den Dob
selber und schaut sich im 20mm Okular die Details an. Auch 'Dali's Eselskopf' (Cirrus-Ostteil, Südende) ist fantastisch anzusehen.
- OCs M36/37/38 in Aur - Ein Blick im FS und im Bigfinder über dieses Gebiet, das sich ja auch mitten in der
Wintermilchstrasse befindet. Im FS passen die 3 OCs fast in ein Gesichtfeld...
- h + χ Persei - ... dürfen natürlich auch nicht fehlen. Erst im FS, dann BigFinder, dann Dob. In diesem Sternfeld fällt mir immer
wieder auf, dass die Sternverteilung unregelmässig aussieht und Löcher zu haben scheint. Wir sind hier mitten in der Milchstrasse, also auch Dunkelwolken ...!
- M45 - Klassisch.
- Hyaden - Mehr als klassisch, aber oft verkannt und vernachlässigt: astrophysikalisch einer der wichtigsten Sternhaufen
überhaupt - an Ihren 46.34+/-0.27 pc Entfernung hängt die gesamte Entfernungsskala des Universums !
- DNs im Schwan und Cocoon - Ich gebe Sabine den Feldstecher (FS) in die
Hand und rate ihr die Milchstrasse im nördlichen Cygnus mal zu
durchmustern. M35 hat sie dann bald entdeckt, und die vielen Löcher rundherum. Dann auch gleich den langen Schlauch zum Cocoon-Nebel.
Und den Nebel selbst ! Er ist ja eigentlich oft schwächlich - aber heute - selbst im FS zu sehen. Ich bin echt baff, dass sie so gut zurechtkommt !
Auch ich schau mir nochmal die tiefschwarzen Löcher nördlich des Nordamerika an, und die Gegend um M39. Die Dunkelnebel sind wirklich
ausgezeichnet zu sehen und sind fantastisch strukturiert !!! (das hatte ich noch nie so gut gesehen, muss ich sagen). Der Schlauch vom Cocoon zu M39 zeigt eine detailreiche Verbreiterung auf M39 zu - wie ein Delta-Flügel.
Um M39 herum gibt es Dunkelnebel ohne Ende - das muss man mal gesehn haben - bei so einem Himmel natürlich. :-)
Für mich wirklich ein Highlight des Abends !
- M33 - In M33 sieht selbst Sabine ohne Probleme im Dob + 20mm die Spiralarme -
endlich wie man sich's vorstellt ! Am nördlichen Ende des einen Arms dann natürlich auch den 'Wattebausch' NGC 604, die riesige HII Region (ich
schau später nochmal vorbei).
- M31 - M31 ist erstklassig im Feldstecher zu sehen. Ich erinnere mich nur
im Südschwarzwald auf 1500m ähnlich gute Ansichten
gehabt zu haben. Bei diesem Himmel ist schon im Feldstecher der Anblick wie auf guten Fotos (f=50...100mm KB) ! Die Scheibe ist richtig leuchtend sichtbar.
Noch besser natürlich im BigFinder/31mm, wo Andromeda fast das ganze Gesichtfeld ausfüllt ! Im Dob sind - für mich - natürlich sofort die beiden Staubstreifen
sichtbar, Sabine mault aber: 'Wie was
soll ich sehen ?' :-) Dafür fahren wir parallel in Dob + BigFinder die Gx-Begleiter ab: M32 und M110. Nochmal erweist sich der BigFinder als hervorragend geeignet als Demo-Fernrohr !
- M1 - Der Crab ist zwar oft schwächlich, aber heute doch gut zu sehen.
Die Story von 1054 wird erzählt (SN Explosion,
Beob. durch Chinesen) und dass ich schonmal in Sky & Telescope aus zwei Aufnahmen von Crab die Expansionsgeschwindigkiet der Filamente
und damit das ungefähre Explosionsjahr ausgerechnet habe ... :-)
Gegen 22:30 Uhr haben wir die wichtigste Prominenz am Himmel durch und Sabine springt ins Auto und in den (hoffentlich
warmen) Schlafsack. Es ist jetzt auch schon deutlich kälter geworden und das über den Parkplatz gelaufene Schmelzwasser
ist wieder gefroren.
Ich futtere jetzt erstmal eine Packung Kekse + Schokolade,
dazu auch mindestens 'nen 1/2 Liter Schwarztee, den ich jetzt schon echt gut gebrauchen kann... (irgendwie
macht mich die Höhe müde, hab ich den Eindruck).
Dann schiesse ich - zur Entspannung - noch ein paar Fotos (Stativ, ohne Nachführung). Unter anderem zu
meiner 'Entdeckung' vom letzten Mal, dem 'Cepheus/Polaris Flare'...
(3) Cepheus/Polaris Flare (DN, Cyg-Cep-UMi)
→ CrossRef
Die Milchstrasse ist sehr gut + differenziert zu sehen. Deshalb checke ich nochmal meine
Beobachtung vom 27.8.2008:
die Dunkelwolke auf einer S-förmigen Linie Cyg-Cep-Polaris. Und sie ist einwandfrei
und recht einfach zu sehen, der Himmel hat dabei ca. 21.6mag/sas (zur Einschätzung: der Gegenschein ist gut sichtbar) !
Ich spreche auch nochmal mit Uwe darüber. Er sieht die Struktur natürlich auch und meint er kenne
sie schon einige Zeit, unter dem Namen 'Polaris Flare'.
Ich denke mir, man könnte zumindest versuchen, die Struktur mit der Kamera zu erfassen, und - wie sich
zuhause dann herausstellt - es klappt
tatsächlich mit dem 50mm Objektiv: unten das Foto (auch in höherer Auflösung) mit und ohne Sternbilder-Overlay.
Sehr prominent ist die dunkle Lücke in der MW links unten zu sehen, dort steht auch M39 (siehe Overlay) - und diese Lücke führt dann Richtung OSO
auf den bekannten schmalen Dunkelschlauch zu Cocoon (IC5146). Südlich des Cepheus sieht man noch einen Andeutung von
IC 1396 und nördlich davon eine Vorlappung der Milchstrasse in den östlichen Cepheus. Westlich des Cep
ist es jedoch ziemlich duster, der Cepheus Flare schlingt sich hier um den Cep herum ,
schwenkt dann entlang des Cep-Daches nach Norden und von dort spitz auf Polaris zu.
Zum Vergleich kann man sich auch nochmal die
Skizze/Karte aus dem BB vom 27.8.2008
ansehen.
Getriggert durch die Diskussion des letzten Beobachtungsberichts im Web (Thanks, Robin ! :-) habe ich nochmal genauer
nachgeforscht und bin
auf das Paper von
Heithausen + Thaddeus (1990) gestossen. Hier löst sich auch das Nomenklatur-Problem:
der Cepheus-Flare (den Altvater Hubble wohl schon 1934 so benannt hat) setzt sich in nördlicher Richtung fort und geht in den
- von den Autoren so genannten - 'Polaris Flare' über (siehe Fig. 2 ihres Papers). Also schlage ich für die gesamte Dunkelstruktur jetzt
mal souverän den Namen
Cepheus/Polaris-Flare vor :-).
Die CO Beobachtungen (Moleküllinien) der beiden Physiker aus Bonn + vom CfA zeigen, dass sich alleine hinter dem
Polaris-Flare eine grosse Molekülwolke von 5500 Sonnenmassen verbirgt, ca. 30 pc im Durchmesser und etwa 250 pc entfernt.
Der Stern α UMi = Polaris befindet sich wahrscheinlich schon in/hinter der Wolke ! Der Cepheus-Flare ist ebenfalls für massive
Molekülwolken bekannt. Die gesamte Struktur ist ein prominentes Staubfeature am Himmel, siehe auch Fig. 7 auf S. 541 von
Schlegel et al. (1998)
(Robin, danke für den Hinweis).
Weitere Infos finden sich im Beobachtungsbericht vom 27.8.2008.
Milchstrasse+ Dunkelwolken vom nördlichen Cygnus (links unten)
über Cepheus (Mitte) bis Polaris (rechts oben), Feldgrösse ca. 40° x 26°
Grossversion
Später der Nacht, als die Wintermilchstrasse schon bis zum Orion hinunter sichtbar ist, schaue ich mir die Milchstrasse im Überblick
noch ein weiteres Mal
an. Ihre Breite (Ausdehnung in galaktischer Breite b) ist beeindruckend: im Sommerabschnitt reicht sie in der
Breite von Delphinus bis hinüber zur Leier, im Winterabschnitt knapp vor Castor/Pollux
bis hinüber zu λ Ori. Wenn man mit den Isophoten in Guide 8.0 vergleicht, entspricht das den schwächsten, äussersten Linien !
Auch in Auriga ist sie gut zu sehen. Der Orion steht deutlich seitlich der MW. Wenn man sich die Gegend in den
Staubkarten von Schlegel et al. (1998) ansieht, zeigt sich, dass Orion
durch ein besonders dichtes Staubgebiet von der Milchstrasse separiert ist, daher wohl auch der Eindruck, Orion stehe klar getrennt daneben !
Und Orion ist ja auch als DAS grosse Sternentstehungsgebiet in unserer unmittelbaren Nachbarschaft (Staub geht mit Molekülwolken und
damit Sternentstehung einher !) bekannt.
(4) Zodiakallicht und Gegenschein
Etwa zu dieser Zeit fällt mir auch auf, dass es vom Osten her kommend ein flach Richtung Süden verlaufendes,
ganz leicht helleres Band zu sehen ist. Zuerst denke ich an leichte Cirren, und rede mal mit Uwe nebenan drüber.
Dann ist gleich klar, da läuft ja der Tierkreis lang: Zodiakallicht, ach stimmt ja !
Eine Stelle im Aries fällt mir als besonders hell auf: das ist der Gegenschein.
Später schau ich nochmal in Guide nach, genau 180° zur Sonne - derzeit also im Widder. Passt ! Den Gegenschein
hatte ich doch glatt noch nie gesehen ! Und auch während der Nacht wandert 'die helle
Wolke' mit der Himmelsdrehung mit, stimmt also alles, und vor allem Entwarnung: es sind keine Cirren ! :-).
(5) IC 1613 (Gx, Cet/Psc)
→ CrossRef
IC 1613 ist eine diffuse Zwerggalaxie die zur Lokalen Gruppe gehört. Im Vergleich zu anderen 'fuzzies'
der LG wie z.B. NGC 6822 ist sie nochmal einen Kick diffuser. Während es Barnard's Galaxy zumindest
noch auf eine mittlere Flächenhelligkeit von SBv = 21.4mag/sas bringt,
ist IC 1613 nochmal 1.4mag schwächer: SBv = 22.8mag/sas. Von der Galaxie kommen im Mittel
also 3x weniger Photonen als vom Himmel (zum Zeitpunkt der Beobachtung ca 21.6mag/sas) selber.
Mal sehen ob das geht ?!
Die Gegend in den Fischen (Grenzgebiet zu Cet) ist mit makanten Sternen nicht gerade übersät, aber es geht -
der charakteristische Sternbogen δ - ε - ζ - μ - ν - α Psc ist doch ein guter Anhaltspunkt.
Im Bigfinder sind die umgebenden Sterne leicht zu identifizieren, ein 7.2mag Stern ist im Norden nur 11' entfernt (siehe DSS Bild),
aber die Galaxie sehe ich dennoch nicht. Das habe ich allerdings auch nicht erwartet. Im 20mm + 13mm Okular am Dob ist sie
allerdings dann doch bald auszumachen. Einige 10mag Sterne rahmen ein aufgehelltes Gebiet ein, das zwei Teile zeigt: im SW eine
etwas grössere + diffuse Fläche, dann nach einem dunkleren Streifen im NO ein zweites Gebiet, das konzentrierter scheint.
Beide Teile sind doch deutlich wahrnehmbar, selbst ohne extreme Verrenkungen. Bei indirektem Sehen meint man besonders
im dichteren NO-Teil sogar Andeutungen von Struktur (Mottling) zu erkennen.
Es ist ganz interessant sich Papers zur Photometrie von IC1613 anzusehen, ein gutes Paper ist das von
Wendy Freedman (1988): 'BVRI CCD photometry for IC 1613'.
Auch dort wird die Sternpopulation in zwei markant verschiedenen Gebieten untersucht: im diffuseren SW-Teil
von IC 1613 und im etwas kompakteren im NO (siehe Plate 80, auf page 1497) - genau wie hier visuell gesehen !
Im NO-Teil (dort wo man visuell das Mottling wahrnehmen kann) gibt es anscheinend mehr blaue Sterne und Sterngruppen, wenn
auch richtig massive Cluster in IC1613 nicht gefunden werden, was bemerkenswert ist - rein von der Entfernung her,
sollten sie unschwer detektierbar sein für Profi-Instrumente. Also ein physikalischer Unterschied in der Sternentstehung
von IC1613 zu anderen Galaxien der Lokalen Gruppe wie z.B. M33 ! Einzelsterne scheint es in IC 1613 oberhalb von 18mag
kaum zu geben (allerdings ist Freedman's Photometrie nicht vollständig von der Überdeckung her).
Interessante Kenngrössen für IC 1613 sind ausserdem noch ihre relativ geringe Entfernung von ca 700 kpc
(m-M = 24.2mag),
und eine totale B-Helligkeit von -14.4mag. Ausserdem ist diese Galaxie wenig von galaktischer Staubabsorption beeinflusst,
bei einer galakt. Breite von b = -60° sind Verfärbung und Absorption sehr gering. Auch intern scheint IC 1613 relativ wenig Staub
zu enthalten (gute Sichtbarkeit von Hintergrundgalaxien durch IC 1613 hindurch - ich hab aber keine gesehen :-).
Feldgrösse 60 x 60',
© STScI Digitized Sky Survey
(6) Mayall II / G1 - Kugelsternhaufen in M31 (Gx-GC, And)
→ CrossRef
Ca 1.4° südwestlich entlang der Scheibe von M31steht der Stern HD 3431 mit 6.8mag Grösse.
Etwa bis zu diesem Stern kann man heute im Feldstecher und Bigfinder die leuchtende Scheibe von
Andromeda sehen. Ein wirklich fantastischer Anblick - so stellt man sich (vom Anblick auf Fotos)
Andromeda wirklich vor ! Aber das Objekt hinter dem ich her bin, steht fast doppelt soweit vom Kern
entfernt: 2.5°, das entspricht (in der Entfernung von M31) einem Kern-Abstand
von mindestens 34kpc
(110.000 Lichtjahren). Das erscheint verdammt weit, selbst im Vergleich zur riesigen Scheibe
von M31 ! Andererseits kann man das vergleichen mit der galaktozentrischen Entfernung des
'Intergalactic Wanderer' NGC 2419, einem GC im Halo der Milchstrasse.
Er bringt es sogar auf 300.000 Lj Distanz vom Zentrum ! Insofern ist also die Position von Mayall II
vom Anblick her eindrucksvoll, aber keineswegs unmöglich für einen Kugelsternhaufen.
Mit dem Bigfinder ist Mayall II alias G1 schnell gefunden. Er ist auch mit 13.75mag
Gesamthelligkeit keineswegs ein schwieriges
Objekt - ich habe ihn schon in meinem 8" Newton gesehen (BB vom 04.09.2005).
Ohne Zweifel ist er aber ein aussergewöhnlich leuchtkräftiger GC: 1mag leuchtkräftiger als ω Cen und sogar 2.5mag
leuchtkräftiger als M13 ! In die Parameter-Korrelationen von M31-Kugelhaufen passt er aber dennoch - siehe
Rich et al. (1996) -
es muss also kein wirklich absonderliches Objekt sein, wie manchmal spekuliert wird (z.B. Kern einer von M31 kannibalisierten Zwerggalaxie).
Einwandfrei und sehr schön zu sehen ist heute - bei gutem Seeing - die Konstellation mit den 2 umgebenden Sternen, die
man von Hubble-Fotos kennt - ich habe auf dem DSS-Bild (siehe unten,
im Original entspricht 1pixel = 1arcsec) mal nachgemessen: die Distanz zu Mayall II beträgt jeweils ca 9arcsec.
Von einer Flächigkeit des GC kann ich - trotz sehr gutem Seeing - aber leider nichts
sehen, muss ich sagen - der Kern sieht für mich stellar + ohne Ausdehnung aus - jedenfalls im Vergelich zu den beiden Sternen.
Es ist also erstmal sehr zu bezweifeln, ob meine eigene Beobachtung in 8" damals
real war. Wahrscheinlich habe ich vielmehr die beiden Begleitsterne bei schlechterem Seeing für Flächigkeit gehalten.
Aber kann man die Flächigkeit wirklich sehen ? Ich habe mir dazu zuhause nochmal das Helligkeitsprofil
von Mayall II in dem Paper von
Mike Rich et al. (1996)
(aus Hubble-Daten) angesehen. Das Helligkeitsprofil ist als V-Flächenhelligkeit SB [mag/sas] in Einheiten
des Core-Radius rc (nicht direkt in arcsec!) angegeben. Der Core-Radius ist der Radius bei dem die Flächenhelligkeit (SB surface
brightness) um einen Faktor 2 (in Flusseinheiten, also z.B. Photonen/sec) abgefallen ist, in Magnituden bedeutet das
einen Abfall um 0.75mag. Der Core-Radius von G1 ist rc = 0.54pc, entsprechend rc = 0.142".
Aber bis zu welchen SBs kann man visuell sehen ? Das ist nicht so leicht zu sagen - weil das auch von der Grösse des
Gebiets abhängt - aber ich entnehme dem
Diagramm mal folgende Durchmesser-Kennzahlen (2x Radien!): für SBlimit = 22mag/sas, ist D = 10",
für SBlimit = 20mag/sas, ist D = 4", für SBlimit = 17mag/sas, ist D = 1.5". Diese Zahlen
gelten allerdings für 'Hubble-Seeing', das Seeing am Boden verändert diese Werte. Zumindest kann man die Zahlen aber
mal zusammen mit dem Hubble-Bild (Abstand
Vordergrundsterne = 9") zur groben Einschätzung benutzen.
Es ist sicher nicht komplett easy, eine SB von 20-22mag/sas
zu sehen, wenn (i) die Fläche dieser Helligkeit so klein ist und (ii) 2-5arcsec (= 1 Radius) entfernt sozusagen noch
ein (überstrahlender) 13.5mag Stern (der GC-Kern !) steht. Die Sichtung der Flächigkeit wird also wohl schon
gutes Seeing + und sehr guten Himmel erfordern ...
Beim Recherchieren bin ich im nachhinein drauf gestossen, dass natürlich doch schon einige Kollegen
(Steve Gottlieb,
Uwe Glahn, Jens Bohle, Christian Busch) tatsächlich Flächigkeit in G1
gesehen haben. Diese erscheint allerdings - siehe Uwe's Zeichnung - eher als 'Stern mit abgesetztem Halo' drumherum. Das war wohl
mein Fehler, ich hatte eher einen dicken Core erwartet, aber der Core bleibt wohl ziemlich stellar und erst weiter draussen
nimmt man dann den Halo des GC bei deutlich schwächerer SB wahr. Da war ich also wohl schon zu müde (dazu unten mehr)
und eben nicht hartnäckig genug, damn it.
Da capo, das nächste Mal also, G1 ... !
Feldgrösse 20 x 20',
© STScI Digitized Sky Survey
(7) Andromeda M31 (Gx, And)
→ CrossRef
Wie sieht es eigentlich mit anderen Details in M31 aus ? Ich schaue etwas spazieren. Nochmal bei AE And vorbei, dem LBV, den ich
schon im BB vom 27.08.2008 beobachtet hatte. Er ist noch
immer relativ einfach auszumachen, OK.
Natürlich sind bei
diesem Himmel auch die grossen Staubstreifen in M31 in Richtung M110 (NGC205) prominent zu sehen. Wie steht es aus denn
mit den klein-skaligen
Staubfilamenten, die man auf CCD-Aufnahmen sehen kann ? Ich schaue
mir mal den Bulge von M31
ein bisschen intensiver
an. Der Kern ist fast, aber nicht perfekt, stellar. Nach aussen hin kann ich - ausser den grossen Streifen - allerdings
keine weiteren Staubdetails direkt sehen. Dennoch scheint - mit indirektem Sehen - der Bulge nicht völlig perfekt glatt zu sein.
Eine leichte Andeutung von Struktur (Mottling) scheint es zu geben, aber wirklich nur an der Grenze des Wahrnehmbaren.
Ich habe leider auch keine guten Fotos des Bulges dabei (das muss ich bei Gelegenheit nachholen), wo ich die genauen
Positionen von Staubstrukturen sehen könnte.
Beim Überflug fällt mir auch noch die klare Strukturierung der Scheibe im SW auf. NGC 206 als besonders
dichte Wolke sticht natürlich bekanntermassen
klar heraus. Es ist sehr gut sichtbar, wie NGC 206 den Umkehrpunkt des Spiralarms markiert, der sich Richtung SO/O fortsetzt.
Der Arm ist von Dunkelwolken eingefasst, dadurch kommt er wirklich wie eine Art Ring daher. Es erinnert mich stark an
Aufnahmen von M31 im Röntgenlicht, dort sieht man auch eine ähnliche Ringstruktur. Wirklich sehr eindrucksvoll zu sehen heute nacht.
Die Beobachtung der Details in NGC206 braucht noch Vorbereitung (die Diskussion 'Einzelsterne oder Cluster' kocht noch :-) und kommt
das nächste Mal dran...
Letztlich lege ich mich nochmal beschaulich auf den Boden und gucke mir M31 und unsere riesige Milchstrasse
zusammen an.
Wenn ich das tue, stehe ich also sozusagen auf der Scheibe unserer Galaxis als Fussboden und schaue rüber auf unsere 2 Mio Lichtjahre entfernte
Nachbargalaxie, die etwa 20°
über der Ebene unserer Spiralarme steht. Unsere Galaxis rotiert etwa in Richtung Deneb (l = 90°), während M31 grob 30° (l = 120°) weiter
den Äquator entlang positioniert ist, d.h. wir sind gerade dabei, uns an Andromeda vorbei zu drehen - sie ist noch nicht
ganz ausserhalb von uns (l = 180°, gegenüber dem gal. Zentrum). Aber das wird wohl nur noch etwa 35 Mio Jahre dauern - das ist ein Witz auf galaktischer Zeitskala -
dann rauschen wir an ihr vorbei ...
Diese Vorstellung beim Beobachten ist schon echt ein ziemlicher thrill ! :-)
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(8) M33 und NGC 604 (Gx, Tri)
→ CrossRef
Dann natürlich nochmal zu M33 ! Was macht der Himmel hier aus ? M33 ist ja extrem empfindlich auf Himmel !
Die 1+3 Spiralarme sind wirklich offensichtlich zu sehen. Auch der mittlere im Süden, der ja schon recht
weit nach aussen reicht und rechtwinklig nach Norden abknickt. Neu heute jedoch sind die äusseren Arme,
die man eben auch sieht ! Ausserhalb des (inneren, mittleren) Südarms kann ich im äussersten SW einen weiteren Arm parallel
zum inneren sehen (DSS-Komposit: rechter Bildrand unten, Arm abknickend nach Norden). Jenseits des (inneren, einzelnen)
Nordarms sehe ich parallel
dazu noch einen weiteren Arm (allerdings nicht mehr den ganz schwachen, der im DSS-Komposit ganz im Norden sichtbar
ist). Auf den Fotos hat
man sich ja an den Anblick mit den äusseren Armen gewöhnt, aber visuell sind diese Spiralarme meiner Erfahrung
nach
schwierig - zumindest bei <21.4mag/sas Himmel. Normalerweise sieht man visuell nur die inneren Arme. Aber
der Anblick heute mit den äusseren Armen kommt dem DSS Bild unten schon langsam nahe - und das Ding
ist somit > 1/2 ° (Vollmond) gross !
Ein interessantes Objekt heute auch NGC 604, am NO-Ende des (inneren) Nordarms -
es zeigt beim guten
Seeing einige Details: in der Mitte befindet sich eine Art Riss (schmales Dunkelgebiet), der das HII-Gebiet in
2 ungleiche Hälften teilt. Ich muss mir nochmal Vergleichsbilder raussuchen (besser nicht gleich die von
Hubble geschossenen :-).
Feldgrösse 36' x 60',
© STScI Digitized Sky Survey
(9) Der LBV 'Var B' in M33 (M33-LBV, Tri)
→ CrossRef
Auf den Alpenhimmel hatte ich auch schon lange gewartet, weil mir noch einige schwache Zuckerchen in
M33 fehlen. Unter anderem ein grenzwertig heller Luminous Blue Variable (LBV) in M33 mit dem lautmalerisch
klangvollen Namen 'Var B'. Ich hatte ja schon im BB vom 06.08.2008
von meinem ersten Versuch berichtet - damals war nichts zu machen !
Ich hatte mir kürzlich auch mal ein paar neuere M33-Shots von den Fotokollegen in den Nachbarthreads angesehen, und
da waren meine Hoffnungen auch schon etwas gesunken. Var B ist im Moment relativ schwach und wohl nicht im Ausbruch
wie sein Kollege AE And (ein LBV in M31, siehe BB vom 27.08.2008).
Aber versuchen wollt ich's dennoch ... wenn überhaupt dann heute Nacht am Grossglockner !
Die Auffindung der Position von Var B geht mir - nach x Versuchen - mittlerweile schon auswendig von der Hand. Er
ist mit Hilfe einer schräg verlaufenden 4er-Sternenkette knapp nördlich des Kerns von M33 relativ leicht zu lokalisieren, zumindest grob.
Dann beginnt aber das leidige Gezacker um jedes einzelne Photon - bis auf unter einer Bogenminute
bin ich schon dran. Ich kann den - auf dem DSS schwach aussehenden - Doppelstern ca 30" südöstlich von Var B
eigentlich ganz passabel sehen (am Übergang direkt/indirekt). Dann aber Var B... hm, hm ... Ich bilde mir ein, indirekt und mit
letzter Kraft und manchmal etwas an der richtigen Stelle gesehn zu haben, aber wirklich grenzwertig ! 'Gesehen' ist für mich i.a. etwas
härter definiert, aber es könnte sein ... :-) Auf jeden Fall ist das Ding (zur Zeit - variabel auf Zeitskalen von Jahren !) bestenfalls grenzwertig
im 20er - auch bei 21.5mag/sas Himmel !
Unten - für alle die mal nachbeobachten möchten - die markierte Aufsuchkarte aus dem DSS. Die genauen Koordinaten
(2000.0) sind: α = 01h33m49s δ = +30°38'09''. Der Stern schwankt in der Helligkeit im Bereich
mv = 15.0 - 17.4mag.
Nähere Informationen zur interessanten Physik von LBVs gibt es in meinem Bericht
über den LBV AE And in M31.
Good luck ! :-)
LBV Var B in M33
Feldgrösse 15 x 15',
© STScI Digitized Sky Survey
(10) IC 434 und Pferdekopf-Nebel (DN, Ori)
→ CrossRef
Im Osten kommt der Orion schon richtig hoch, also muss ein Blick auf den Pferdekopf geworfen werden.
Besser als Hochgebirge + 20" Dob geht ja praktisch nicht... Die Aufsuchung ist mit dem Bigfinder derart
easy. Als das Feld eingestellt ist, werfe ich einfach einen Blick durch das 20mm/Hβ am Dobson
und: Voila ! -
durch das (fast gesamte) Feld verläuft easy sichtbar die IC434 Nebelkante. Und auf der Nebelkante lappt sofort und ohne
jede Schwierigkeit sichtbar
die Dunkelwolke B33 des Pferdekopf-Nebels gen Westen - indirektes Sehen ist nicht nötig. Besser ist das
ganze noch im 13mm/Hβ weil man damit die Überstrahlung von ζ Ori im Norden besser wegisoliert bekommt. Wenn man nun doch noch
indirektes Sehen bemüht, so kann man auch die Schnauze ganz passabel erkennen. Nicht so deutlich wie auf Fotos
natürlich, aber es ist klar sichtbar, dass B33 einen Haken formt der nach Norden abbiegt. Ausserdem ist die Oberseite des Kopfes
schärfer begrenzt als die Unterseite.
Nachdem der Dob das alles so gut gezeigt hat, frage ich mich was im 6" Bigfinder eigentlich
so geht. Und tatsächlich kann man - mit Hβ-Filter natürlich ! - die IC434-Kante noch passabel erkennen. Und darauf an der
Grenze der (indirekten) Sichtbarkeit auch eine
Andeutung von B33. Gut, man muss die Stelle kennen - aber jammer mir mal keiner mehr man bräuchte einen
20" für den Pferdekopf. :-) Man braucht vor allem den Himmel ! - wie immer.
Feldgrösse 60 x 60',
© STScI Digitized Sky Survey
(11) Barnard's Loop (Neb, Ori)
→ CrossRef
Ich habe den Hβ-Filter schon in der Hand, also kommt er auf das 31mm drauf und in den Bigfinder rein
(das 31er ist ja sowieso dauernd mein Sucherokular, sorry für diese Blasphemie... :-).
Die 3.4° Feld sind genau das was ich brauche für Barnard's Loop - ich hab das Ding noch nie gesehen !
In der Nähe von 51 Ori, ein gutes Gesichtsfeld nördlich des Gürtels fange ich an Ost-West Schwenks
zu machen.
Und tatsächlich sieht man beim Schwenken deutlich das N-S verlaufende Band, wie es durch das Gesichtsfeld
läuft. Die Breite des Loops ist grob 1/2 x Feldgrösse, man muss also gar nicht zu weit schwenken um es zu sehen.
Etwas südlich von Gürtelhöhe wird's schwierig mit der Detektion, deutlich nördlich von 51 Ori auch.
Ich sehe wohl doch nur den hellsten und (am) 'schärfsten' (begrenzten) Teil des Loops. Im Süden fächert der
Loop ja stark auf und erstreckt sich bis zu M42. Man schaue sich zum Vergleich das Bild in
Wikipedia an, oder am schönsten natürlich auf
Axel Mellinger's Homepage.
Ich versuche noch das ganze mit blossem Auge nachzuvollziehen und halte
den Hβ direkt vor's Auge.
Aber das funktioniert wirklich schlecht. Je nach Verkippung wird das Feld heller + dunkler. Ausserdem hat man
Streulichtprobleme und man muss dauernd versuchen, den Filter seitlich des Auges irgendwie abzudichten. Das klappt
alles nicht so gut - feine Helligkeitsunterschiede sind damit nicht stabil zu erkennen. Man muss den Filter wohl in ein kurzes Rohr
montieren und dieses auch möglichst ohne Lichtleck (abgeschrägt) direkt vor das Auge halten. Ich
werde mir mal wohl so ein Hochtechnologie-Instrument bauen müssen für's nächste Mal ...!
(12) M42 (Neb, Ori)
→ CrossRef
Würde irgendjemand völlig achtlos an M42 vorbeigehen ? Natürlich nicht. Man schaut - zumindest ! - mal vorbei.
Andererseits kennt man das Ding und das macht es schwierig unbefangen zu bleiben und wirklich hinzusehen.
'Kenn ich schon, kenn ich schon' raunt es im Hinterkopf... Und deshalb kann ich mich heute hier auch nicht zu mehr
Detailarbeit hinreissen.
Dennoch muss man einfach sagen: das Ding raubt einem vom bildmässigen Eindruck her - wortwörtlich - den Atem: Wow !
Brutal die Grösse und Helligkeit. Wahnsinn die Details und Verwirbelungen - vor allem im Zentralgebiet.
Fantastisch auch, in einem 'Nebel' diese extrem scharf begrenzten Kanten zu sehen. Nicht nur im SO, sondern sogar
im Süden, wo sich die geöffnete Hand des Nebels zu einer Kugel schliesst (Foto unten ist astronomisch orientiert, S ist oben).
Die Vollkugel ist fantstisch klar und
'scharfkantig' zu sehen.
Der 'Running Man' im Norden wie hingemalt. Auch die feinen Sterne um das Trapez bei dieser Luftruhe
herausragend schön.
PS: Alles natürlich völlig ohne Filter ! (Bei M42 schadet das nur, wenn der Himmel schon dunkel genug ist.
M42 hat üppig Reflexionsanteile, bei denen Filter eher schlecht wirken. Wenn es wegen des Himmels unbedingt
sein muss, ist meine klare Empfehlung: UHC).
Das Foto, das ich mal mit dem
kleinen 3" SDHF Pentax geschossen habe, zeigt ganz gut den Gesamteindruck, den man
heute am Dob hat. Tatsächlich sieht man visuell bei 20" aber viel mehr (Details, Dynamik, Zentralbereich, Sterne).
M42 Gesamtansicht
Süden oben, Osten rechts, Farbbild © PS 2006
(13) M1 Crab - mit Pulsar ? (PN/SNR, Tau)
→ CrossRef
Auch heute am Glockner probiere ich nochmal ein paar Details im Crabnebel M1. Die Andeutung der Filamente
sind nochmal deutlicher als vor kurzem in SCHL (BB vom 27.08.2008).
Wie auch damals gesehen, ist in OIII der Kontrast etwas besser. Dennoch sie sind wirklich schwach und ich mache deshalb auch keine
Vergleiche mit der Karte. Ich erinnere mich aber bei der Gelegenheit nochmal an einen Artikel in Sky & Telescope (Ende der 1970er), wo ich aus zwei
Aufnahmen von Crab die Expansionsgeschwindigkeit der Filament-Knoten und daraus dann das ungefähre Explosionsjahr ausgerechnet habe ... :-)
Ist schon ein interessantes Objekt !
Dann versuch ich doch nochmal was wagemutiges: den Crab Pulsar. Er steht eigentlich recht gut
lokalisierbar im Zentrum des Nebels, dabei in einem gleichseitigen
Dreieck mit zwei Sternen am NW-Rand des Crab (östlicher Stern ein Doppelstern). Mit ziemlicher Anstrengung kann ich an der
'richtigen' Stelle auch 2 sehr schwache Sterne im Zentrum angedeutet sehen (der südliche der beiden Sterne wäre
der Pulsar). Dies ist wiederum eine Wahrnehmung an der Grenze
(indirekt, nur zeitweise, hin und wieder auftauchend). Ich bin mir deshalb dieser Sichtung auch nicht völlig 100%ig sicher. Es wäre
nochmal nachzuprüfen. Eine Detektion ist mit dem Dob (17mag Grenzgrösse) prinzipiell möglich - die Helligkeit des Pulsars
liegt bei 16mag. Allerdings macht der helle Nebel im Hintergrund die Sichtung sicher schwieriger als die Mag-Zahlen suggerieren.
Hm, wenn er hell genug wäre, könnte man ihn ja sogar blinken sehen ... 33 Millisec sind zwar kurz, aber das sind nur 30 Hz und
Monitore mit solch schlechten Wiederhol-Frequenzen sieht man ja auch flimmern ... Also los, wer sieht DAS als erster ... :-).
Feldgrösse 15 x 15',
© STScI Digitized Sky Survey
(14) Ein paar Rausschmeisser vor dem Zubettgehen
→ CrossRef
Es ist schon reichlich spät und mir kommt langsam die Energie abhanden, trotz Schokolade und Schwarztee in rauhen
Mengen. Also schaue ich mir noch locker ein paar Absacker an:
- M97 - im Eulennebel schaue ich mir die angdeuteten Augenhöhlen
an. Diese sind allerdings keine runden Löcher sondern eher recht flaue seitliche Trichter.
- California-Nebel - selbst im Feldstecher ohne Filter sieht man das
Riesending schon, aber natürlich nur beim Schwenken. Im Dob sieht man im 31mm/Hβ und 20mm/Hβ sogar Strukturen. Für
die 'Augenhöhle der Sepia' (California sieht wie ein schwimmdender Tintenfisch aus) habe ich heute aber keine Energie mehr und vergesse
danach zu sehen (Mist !).
- NGC1275 + Perseus Cluster - ein kurzer Schwenk über
den Persuescluster, mit der charakteristischen 4-er Galaxien-Raute...
- Cassiopeia - dort schau ich nochmal bei Karoline's Sternhaufen
vorbei, ausserdem bei Pacman. Dann natürlich h + χ und von dort aus auch nochmal quer durch die Herznebel-Region.
Es reicht nun wirklich - ich kippe schon bald um beim Gehen. Auch der Mond kündigt sich am Osthorizont schon schwach an.
In spätestens 1/2h wird er wohl aufgehen. Jetzt Schluss und ab ins Auto - und in den (hoffentlich gut vorgewärmten) Schlafsack ! :-)
(15) SQM-Werte - Airglow ?
Während der Nacht bemerken wir alle konsistent, dass der Himmel etwas heller wird (ich hätte ca 0.2...0.3mag geschätzt).
Tatsächlich gehen die Messwerte meines SQM (-L)
systematisch von anfangs 21.7mag/sas (ausgezeichnet und ca 0.2mag
besser als optimal bei uns zuhause) bis
auf 21.5mag/sas (immer noch sehr gut, aber eben merkbar schlechter als am frühen Abend) zurück.
Diese Werte sind Bestwerte an den dunkelsten Himmelsteilen, dabei aber Mittelwerte von mehreren Messungen
mit meinem SQM-L.
Ich habe den Eindruck als sei ganz hoher und dünner Dunst/Cirrus langsam in der Luft entstanden.
Ausser dem ganz normalen Temperaturabfall während der Nacht (Abstrahlung) auf zuletzt -4°C ist
aber keine sonstige Änderung zu bemerken. Auch am Morgen ist eigentlich nichts am Himmel zu sehen.
Die ganz ganz schwachen Schichten am Horizont sehen wirklich völlig ungefährlich aus.
Ich hatte in der 2. Nachthälfte auch den Eindruck, dass die Licht-Streuung am Horizont merkbar zunahm. Das ist ja
eigentlich das Gegenteil der Erwartung: meist schalten ja in der 2. Nachthälfte viele Lichter in der Besiedlung ab
und es wird deutlich dunkler (zumindest im Schwarzwald sehe ich diesen Effekt immer wieder).
Im Diskussionsthread zu Uwe's Bericht hat Mathias (cybermudl) aber eine ganz gute Erklärung eingeworfen:
Airglow. Dieser entsteht, wenn die tagsüber vom UV der Sonne angeregten
Moleküle/Atome nachts die Anregungsenergien wieder abstrahlen. Die Schichten, die für Airglow verantwortlich
sind, liegen typischerweise auf 80-90km Höhe, lassen sich also erst auf Satelliten völlig vermeiden.
Ich wusste dass der Airglow durchaus das Upper Limit für die bodengebundene Nachthimmelshelligkeit setzt. Was
ich aber nicht wusste, ist wie schnell der Airglow fluktuieren kann. Den Veränderungs-Effekt kann man sich in diesem
KPNO-Video
wirklich sehr gut ansehen (Diskussion).
Offenbar gibt es Verhältnisse bei denen der Airglow wirklich sprunghaft ansteigen kann. Das wäre
eine sehr plausible Erklärung für die sonderbare Messwert-Entwicklung heute nacht.
(16) Resumee zum Beobachten in den Hochalpen
Wie war nun das Beobachten in der Höhe (immerhin 2570m üNN) ?
Ja der Himmel war sehr gut (wenn auch nicht jenseits von 'fantastisch'), auch das Seeing war sehr gut.
Von daher perfekte Bedingungen, wenn man mal von der erhöhten Himmelshelligkeit in der 2. Nachthälfte absieht.
Ich habe viele Objekte deutlich besser gesehen als bisher bekannt. Die Milchstrasse war toll zu sehen, ebenso der
Rundumblick super eindrucksvoll, und die Stimmung mit den Bergen ringsum - das alles zusammen war den Besuch
absolut wert - keine Frage !
Dennoch, ich war irgendwie müde und etwas ballaballa, Schwindelprobleme hatte ich
auch (nach schnellen Bewegungen). Ich bin die Höhe nach dem Sommer nicht mehr gewohnt (nach Ende der Skisaison
im Winter wäre das wohl anders :-). Auch hatte ich etwas Probleme manchmal, das Notebook
(wie immer auf rote Schrift umgestellt) abzulesen. Das alles sagt mir, dass die Höhe wohl doch etwas zuviel
des Guten war. Sicher die Beeinflussung der Objekte durch die Atmosphäre nimmt mit der Höhe ab... aber mein
Eindruck war: ...die Leistungsfähigkeit des Beobachters eben auch ! (unter Umständen und je
nach Person verschieden, klar !). Hoch hinaus um absolut jeden Preis ist, denke ich,
nicht unbedingt das Gebot beim Beobachten. Irgendwo gibt es - für jeden von uns - ein
sehr subjektives Optimium zwischen Verbesserung durch Höhe (Luft, Atmosphäre)
und Verschlechterung wegen physiologischer Effekte.
Zusammen mit dem für die meisten doch
langen Anfahrtsweg bis zum Alphenhauptkamm (Grossglockner) bin ich nicht mehr so sicher, ob das *DAS*
überhöht grosse Wunschziel für mich ist. (Nehmt's mir nicht übel Ihr Grossglockner-Fans !). Im Südschwarzwald
(von mir 2h entfernt) auf 1500m hatte ich schon ähnlich gute Nächte,
und das ohne die geringsten physiologischen Probleme. Dann die Erreichbarkeit im Winter - auch ein Problem.
Sicher haben die Kollegen unter uns, die nahe an den Alpen wohnen (und deshalb auch besser und dauerhaft
höhenadaptiert bleiben; Sauerei Uwe ! :-), einen grossen Vorteil. Aber zusammenfassend muss ich sagen: der Südschwarzwald ist
auch nicht schlecht. Dies muss, glaube ich, auch mal beruhigend für alle jene gesagt werden, die jahrelang auf eine
Alpennacht lechzen (wie auch ich :-).
Gut, ich hab auch nochmal mit Uwe gesprochen: er sagte schon die Nacht sei nicht eine der besten gewesen.
Es geht also noch besser... Hm, hm... grübel... Herrgott ! Ich werde also wohl doch nochmal zum Glockner
kommen müssen...
Klasse war's ! :-)
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