Beobachtungen
(1) NGC 6791 (OC, Lyr) - der älteste Offene Haufen der Galaxis
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Das erste Objekt ist ein Follow-Up vom letzten Mal: ich hatte kürzlich NGC 188
beobachtet und mir ein Paper dazu angesehen. NGC 188 gilt ja landläufig als DER Methusalem unter den
Offenen Sternhaufen der Galaxis. Zumindest ist er aus den Lehrbüchern prominent bekannt, weil er dort in den HRDs/CMDs
(Hertzsprung-Russel-Diagramm, Colour-Magnitude-Diagram) immer am weitesten (die Hauptreihe nach unten)
abgebrannt aussieht - und der Abknickpunkt von der Hauptreihe ist ja ein Mass für das Alter des Haufens.
In Demarque et al (1992) kann man sich
das ganze ansehen. Dort fand ich auch einen möglicherweise
noch 1 Gyr älteren Kandidaten, NGC 6791, der heute endlich beobachtet werden wollte.
Die Auffindung von NGC 6791 am Himmel ist an sich unkompliziert: auf
2/3 des Weges von γ Cyg zu δ Lyr - ziemlich nah an der Milchstrassenebene (galaktische Breite
b = 11°) im Cygnus. Aber der Haufen hat eine
Gesamthelligkeit von nur 9.5mag (ca 15' im Durchmesser) und ist - kurz gesagt - ein eher sprödes Objekt. Er ist im
6" Bigfinder durchaus schon als diffuse Fläche zu erkennen, aber selbst im Dob erkenne ich kaum einzelne Sterne (Ok wir haben
heute am frühen Abend auch einiges an Absorption durch leichten Dunst, schätzungsweise 0.5mag). Den grössten
Teil der Sterne nehme ich nur mit indirektem Sehen war. Wenn man die beobachteten CMDs in
Demarque et al (1992) vergleicht, sieht man auch
warum:
die hellsten Sterne in NGC 188 beginnen unterhalb von mv=12mag (Knie bei 15mag),
in NGC 6791 jedoch liegt das Gros der hellen Sterne unterhalb von mv=14.5mag (Knie bei 17.5mag) -
und auch NGC 188 war ja schon kein wirklicher Renner gewesen, wenn man sich erinnert...
Ein Umhauer ist NGC 6791 vom visuellen Erscheinungsbild also nicht.
Interessant an diesem Objekt ist eben
sein Alter ! Wenn seine Metallizität mit derjenigen von NGC 188 übereinstimmt (und wenn
die Schätzungen für das interstellare Reddening durch Staub grob stimmen, siehe
Diskussion),
dann liegt sein Alter bei 7-9 Gyr (NGC 188: 6-8Gyr), was schon recht nahe an die Epoche der Bildung von Kugelhaufen
heranreicht (grob vor >10 Gyr). Aus diesem Grund ist NGC 6791 in der Forschung tatsächlich einer der am intensivsten untersuchten
Offenen Sternhaufen der Galaxis (neben NGC 188 und M67).
Weitere genaue Diskussion für diesen OC findet man u.a. in
Chaboyer et al. (1999). Dort bekommt man auch Werte
für seinen Entfernungsmodul (m-M) = 13.4mag im Visuellen (rein geometrisch entsprechend 4800 pc = 15000 Lj Entfernung) und
Farbexzess (Reddening) von E(B-V) = 0.1mag. Im allgemeinen gilt ja, dass die visuelle Absorption Av etwa 3x der
Verrötung in der Farbe (B-V) entspricht, also Av = 3 E(B-V). Also ist NGC 6791 für uns um mindestens 0.3mag
abgeschwächt durch den Staub der Galaxis.
Feldgrösse 30 x 30',
© STScI Digitized Sky Survey
(2) NGC 7789 (OC, Cas)
→ CrossRef
Deutlich eindrucksvoller am Okular kommt dagegen NGC 7789 daher - genannt 'Karoline's Sternhaufen'
und damit benannt nach der (durchaus sehr astro-interessierten !) Schwester des bekannten
deutsch-englischen Astronomen Sir William Herschel
(Herschel Objektliste).
Kürzlich hat Ex-Kollege Klaus-Peter Schröder (KPS) in SuW 10/2008, S.82 diesen Haufen vorgestellt.
Er ist wirklich sehr einfach zu finden: von α zu β Cas und dann - im rechten Winkel nach SW
abknickend - noch ca 2/3 der Schenkellänge weiter. Seine Helligkeit liegt bei sehr bequemen 6.7mag,
und so ist er schon sehr schön im BigFinder sichtbar - ein Hingucker ! Im Dob zeigt er natürlich noch besser
seine innere Struktur. Viele, etwa gleich helle Sterne (nur wenig helle Ausreisser), ziemlich flächiges Aussehen
und eine kreisrunde Sternverteilung. Innerhalb des Haufens zeigen sich schalenartige Strukturen
- bei M13
reihen sich ja bekanntlich die Sterne zu scheinbaren Ketten auf, hier sind es eher die 'Dunkelräume' zwischen
den hellen Sternen... Und : auch NGC 7789 wird durch die interstellare Absorption um ca 0.7mag abgeschwächt !
Detailanalysen zu dem Sternhaufen findet man in Wu et al. (2007).
KPS schreibt der Haufen hätte ein 'hohes Alter': glatte 1.7 Gyr... Hm...?! Ich denke an die 7-9 Gyr von
NGC 6791 gerade eben...
Der Durchmesser des Haufens liegt bei ca 30 Lj, seine Entfernung bei etwa 7500Lj. Eindrucksvoll ist tatsächlich:
versetzte man die Sonne in den Haufen, wäre sie nur 17mag hell.
Ich würde sie in meinem Dob also gerade noch am Limit erkennen können. Das sollte man sich auf der Zunge
zergehen lassen... Soll heissen: was wir am Himmel üblicherweise sehen, ist wirklich nur die alleroberste Spitze
des Eisbergs (und von dunkler Materie rede ich hier gar nicht). - Think about it !
Feldgrösse 30 x 30',
© STScI Digitized Sky Survey
(3) IC 10 (Gx, Cas)
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Ich hatte heute ja schon mit (interstellarem) Staub zu tun - und es wird nicht besser.
Kein Wunder inmitten der Milchstrasse ! :-) In dieser Gegend nach Galaxien Ausschau zu halten
erscheint zumindest 'gewagt' bis 'etwas unorthodox'. Die Scheibe der Milchstrasse enthält grosse
Mengen an Gas und Staub. Genau deshalb gibt es ja hier vermehrt Sternentstehungsgebiete, junge offene
Sternhaufen, und letztlich helle + viele Sterne. Star Formation ist ohne Staub nur schwer zu machen -
er hilft bei der Kühlung des Gases, die für den Kollaps von grossen Molekülwolken auf die Grössenskala von Sterndurchmessern
notwendig ist. Diese Staub in der Galaxis aber absorbiert und rötet durchtretendes Licht. Deshalb sieht man in
Karten von grossen Galaxien-Durchmusterungen in der Galaxien-Verteilung am Himmel die sog.
Zone of Avoidance -
der Staub verdeckt hier ganz einfach die fernen Galaxien (siehe auch die Diskussion im Abschnitt zur
Milchstrasse). Und tatsächlich haben sich viele -
auch sehr nahe ! - Galaxien lange Zeit erfolgreich hinter den dichten Staubwolken bei niedriger galaktischer Breite
(= nahe an der Milchstrassebene) 'versteckt': viele schwächere
Galaxien unserer unmittelbaren Nachbarschaft in der Lokalen Gruppe wurden deshalb erst sehr spät
entdeckt (siehe unten bei Maffei I und Maffei II) - sagten wir nicht
oben 'In der Milchstrasse schaut doch kein Schwein nach Galaxien !' :-).
IC 10 ist ein Mitglied der Lokalen Gruppe und steht ... in der Cassiopeia ! Sie gehört sicherlich noch zu den 'helleren'
Objekten unter den Zwerggalaxien der Lokalen Gruppe. Und tatsächlich ist die Auffindung und Beobachtung
noch ganz gut machbar: ca 1.5° östlich
von β Cas, im rechten Winkel der Cassiopeia, das liegt bei -3° galaktischer Breite ! Ich kann mich leider nicht
mehr erinnern, ob ich sie im 6" schon gesehen habe, aber im grossen Dobson bei 13mm unproblematisch:
in Richtung W elongiert, in der Gegenrichtung nach O eine etwas prominenteres, spitz zulaufendes Gebiet.
Irgendwie hatte ich auch den Eindruck es wäre leicht Struktur angedeutet, aber das kann auf Sterne zurückzuführen sein
(Milchstrasse). Andererseits zeigt das DSS Bild auch (schwache) Dunkelstrukturen.
Auch die Astrophysik von IC10 ist durchaus interessant. Die Galaxie enthält
sehr viel molekulares Gas (u.a. in vielen HII Regionen, siehe
Hodge (1990))
und zeigt einen ausgeprägten Starburst:
Massey & Armandroff (1995)
finden eine aussergewöhnliche Dichte von Wolf-Rayet-Sternen (massive Sterne mit M > 40 Msun),
die üblicherweise mit Starbursts einhergehen. Leuchtkraft und Entfernung von IC10 sind jedoch wegen der starken
Absorption durch galatkischen Staub sehr unsicher.
Wie passt sich IC10 in die lokale Gemeinschaft ein ? Dazu eine (um IC10 erweiterte) Vergleichstabelle der Mitglieder
der Lokalen Gruppe aus dem
BB vom 6.8.2008:
Galaxie |
Entf [kpc] |
[Mio Lj] |
(m-M) |
MB |
mB |
mv |
v [km/sec] |
IC10 |
660 |
2.1 |
24.1 |
-17.4 |
9.2 |
11.8 |
-148 |
N6822 |
494 |
1.61 |
23.5 |
-15.1 |
9.8 (8.4) |
9.1 |
+43 |
M33 |
860 |
2.80 |
24.7 |
-18.4 |
6.3 |
5.7 |
-44 |
M31 |
780 |
2.54 |
24.5 |
-20.3 |
4.2 |
3.4 |
-122 |
MW |
0 |
0 |
- |
~-20 |
- |
- |
0 |
Feldgrösse 20 x 20',
© STScI Digitized Sky Survey
(4) Pacman - NGC 281 (Neb, Cas)
→ CrossRef
Da wir schon in der Gegend sind, schau'n wir uns noch im Vorbeigehen den Pacman NGC 281 an. Nicht uninteressant,
weil es ja auch hier Gas und Staub gibt, und zwar zum direkt ansehen :-). Mit OIII Filter ist er schon im 6",
aber besser natürlich dann im Dob zu sehen: charakteristisch die @-artige Form des Pacman mit dem
dunkleren Gebiet in der Mitte.
Dennoch muss ich sagen gehört NGC 281 weder zu meinen Lieblingen noch zu den prominentesten
Gaswolken, die man sich ansehen kann. Aber zumindest einfach zu finden ist er - im gleichseitigen Dreieck
mit α und η Cas...
Feldgrösse 45 x 45',
© STScI Digitized Sky Survey
(5) Herznebel - Nebelkomplex um IC1805 (OC/Neb, Cas)
→ CrossRef
Interessanter finde ich da schon den zwar schwächeren aber reicher strukturierten Nebelkomplex um IC1805
- liegt auch wieder gleich um die Ecke (das dauernde Schwenken schadet so
'ner Dobsonmontierung
nur...:-). Ich weiss noch, dass ich mir - als ich den Dob gerade mal ein paar Wochen besass - einen Wolf an
diesem Ding suchte, ich konnte es einfach nicht ausfindig machen. Nach jener Nacht beschloss ich,
mir einen Bigfinder zu besorgen. Und genau
der kam heute par excellence zum Einsatz !
Ausgehend von h+ χ geht es nach Norden, entlang einer Reihe von 7mag Sternen, bis man nach ca 2.5°
auf eine dichtere Sterngruppierung trifft - das ist der offene Sternhaufen Stock 2. Von dort
geht es ca 3° in Richtung NO bis zum Zentrum des Nebelkomplexes IC 1805, markiert durch
eine schwache Sterngruppe namens Melotte 15 (offener Haufen).
Der gesamte umgebende Nebelkomplex ist zwar relativ schwach aber riesig (2.5°) und sieht auf Fotos und
DSS-Auszügen sehr interessant aus. Jetzt verwende ich den OIII-Filter: um IC 1805 (Lynd's Bright Nebulae = LBN 654)
sieht man dann 3 Gebiete herumgruppiert - in Mercedesstern-Form mit 1° Schenkellänge: im NW das hellere Nebelgebiet
IC 1795 (LBN 645, 646, 648), im S ein Nebel (LBN 656, 657) mit eingelagerten Sternen,
im NO der OC NGC 1027. Der Nebel im NW ist am deutlichsten zu erkennen und zeigt Andeutungen von Struktur, ähnlich
gut auch ein Nebelteil
direkt östlich von IC 1805 (deutlicher hell/dunkel Kontrast). Von den schwachen (herzförmigen) grossen Nebelbögen
die das Gesamtgebilde auf Fotos scheinbar zusammenhalten sehe ich visuell aber nichts. Bestenfalls beim
Drüberschwenken bemerke ich, dass dieses Gebiet generell neblig unterlegt ist. Ca 2.5° östlich finde ich
noch ein weiteres Gebiet, das durch hellere Sterne (IC 1848) und eingelagerten Nebel (LBN 667, 670, 673) markiert ist.
Dieser Nebel
ist auch nur schwach zu erkennen, die Sterne dominieren die Formerkennung - deshalb kann ich nicht gut sagen, was
ich hier eigentlich gesehen habe, die Nebelform oder nur die Sterne... Mit der 3.4° Feldübersicht im Bigfinder macht
das ganze durchaus grossen Spass, auch im Dob ist bei grossen Gesichtsfeldern (am besten im 20mm Okular) manches
zu erkennen, wenn auch eher schwächlich.
Bemerkung: Ich habe versucht aus Guide die wesentlichen Nebel-IDs auszulesen, allerdings ist die genaue Identifikation
manchmal etwas zweifelhaft (das Feld ist voll mit Objekten + IDs). Insofern nehme man die angegebenen Katalognamen nur
als grobe Anhaltspunkte und schaue sich den Komplex einfach an. Ich erhebe keinen Anspruch auf absolute Exaktheit
bei den Katalognamen/IDs (und sie sind als solche - für mich - auch nicht besonders interessant, sorry :-).
Feldgrösse 120 x 120',
© ESO + STScI Digitized Sky Survey
(6) Maffei I (Gx, Cas)
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Ich bleibe ein weiteres Mal gleich in der Nähe und will heute versuchen, noch 2 (oder 3) schwache und von
galaktischer Staubabsorption stark geplagte Objekte in der Cassiopeia zu finden: Maffei I und II. Wegen der
starken Absorption im optischen Spektralbereich durch Staub wurden diese Galaxien erst sehr spät in den
Neunzehnhundert-Sechzigern auf Infrarot-Fotos entdeckt (Maffei 1968).
Die Auffindung läuft für uns über h+ χ Persei als Ausgangspunkt. Per Starhopping
muss man sich genau an die richtige Sternkonstellation heranpirschen. Solange es von der Grenzgrösse her geht
per Karte aus Guide, dann zum Schluss aber besser per DSS-Bild. Der helle Stern rechts oben auf dem DSS-Bild hat
ca 9mag. Die unmittelbaren Nachbarsterne zu Maffei I haben alle etwa 12. Grösse und schwächer. Zum Schluss
findet man eine Raute aus Sternen, auf der westlichen Rautenseite sucht man nach der Galaxie. Die sehr
schwache Dreiergruppe direkt westlich von Maffei I ist noch ganz gut auszumachen. Dann aber die Galaxie selbst...
Obwohl der Himmel jetzt doch recht gut ist mittlerweile (21.2 - 21.3mag/sas), ist es kein leichtes, sie auszumachen. Selbst
der Kern ist nicht prominent + hell zu sehen. Sicher erkennbar ist sie nur mit indirektem Sehen - zu diffus
und verschmiert wirken selbst die hellsten Teile der Galaxie. Die Staubabsorption scheint extrem stark zu sein -
kein Wunder ! - wir sind hier praktisch genau in der Milchstrassenebene. Das heisst, und das muss man sich
geometrisch klar machen: diese Galaxie liegt hinter der Scheibe der Milchstrasse und von dieser sozusagen verdeckt !
Maffei I und II sowie IC 342 (siehe unten) bilden die Maffei-Galaxiengruppe -
sie ist innerhalb des lokalen (Virgo-) Superclusters der Lokalen Gruppe unmittelbar benachbart. Noch in den 90er Jahren
wurden neue Mitglieder dieser Gruppe entdeckt.
Tatsächlich ist Maffei I
sogar die unserer Galaxis am nächsten stehende grosse Elliptische Galaxie (gE Typ, ähnlich NGC 4406, 4472, 4486 in Virgo).
Aber die Galaxie steht bei einer galaktischen Breite von nur b = 0.5° und besitzt deshalb eine gelistete
Staubabsorption von 3.9mag (NED)
- im Visuellen bleibt also von ihr nicht mehr allzuviel übrig. Tatsächlich dürfte der Absorptionswert sogar noch höher
liegen, weil die Werte aus Schlegel et al. (1998)
bei b< 5° (wegen Sättigungseffekten) ungenau werden ! - die genaue Position von Maffei I ist jedenfalls: α = 02h36m35s
δ = +59°39'17''. Buta & McCall (1983)
finden eine Absorption von Av = 5.1mag. Damit hätte Maffei I ohne Staub eine scheinbare visuelle Helligkeit
von mv = 6.3mag ( bei einem charakteristischen Durchmesser von ca 6' - das ist 1/5 des Mondes) ! Maffei I ist
also eine der fettesten Galaxien am galaktischen Himmel. Die Tabelle fasst noch ein
paar weitere Kennzahlen zusammen, die man mit den Werten aus der LG unten vergleichen kann.
Hier auch ein Bild im IR bei λ = 2μ = 20.000 Aengstroem,
auf dem Maffei I eindeutig das Erscheinungsbild einer gE Galaxie zeigt.
Weitere Diskussionen, wie Galaxien vom Staub beeinflusst werden, findet man übrigens in meinem Beobachtungsbericht über
Barnard's Galaxy (NGC 6822).
Galaxie |
Entf [kpc] |
[Mio Lj] |
(m-M) |
MV |
mv |
v [km/sec] |
Maffei I |
2100 |
6.8 |
26.6 |
-20.4 |
11.4 (6.3) |
+221 |
Feldgrösse 20 x 20',
© STScI Digitized Sky Survey
(7) Maffei II (Gx, Cas)
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Maffei II ist gerade mal 40' östlich von Maffei I am Himmel zu finden - naja, WENN man sie findet !
Ich versuche es, aber es ist nichts zu machen. Ich sehe an der Position nichts. Tatsächlich sieht
Maffei II auch nocheinmal deutlich diffuser und schwächer auf dem DSS aus. Die Absorption
nach Schlegel et al. (1998)
liegt hier bei mindestens 7.6mag (NED).
Es handelt sich wohl um eine (sogar sehr schöne) Spiralgalaxie... (wie man bei Buta & McCall (1983) nachprüfen kann).
Aber für uns visuelle Beobachter gibt es besseres in der Maffei-Gruppe, wie wir gleich sehen werden ...
Feldgrösse 20 x 20',
© STScI Digitized Sky Survey
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(8) IC 342 (Gx, Cam)
→ CrossRef
Maffei II hat gezeigt, dass es wohl doch keinen Sinn macht, bei galaktischer Breite b < 1° rumzukrebsen.
Am besten wir erheben uns ein bisschen vom allzu staubigen, galaktischen Fussboden... Da bietet sich
z.B. das
Sternbild Camelopardalis an, was keineswegs 'Kamel', sondern 'Giraffe' bedeutet :-). Bei 'sattem'
b = 10° findet sich dort IC 342, neben Maffei I die zweite dominante Galaxie der Maffei-Gruppe. Im Gegensatz zu
der ersten ist sie allerdings schon seit 1896 bekannt. Die galaktische Extinktion an ihrer Position
liegt bei 1.9mag im Visuellen.
Die Auffindung nervt (mich) zunächst etwas, weil ich das Sternbild Cam
gar nicht kenne, und auch die Giraffensterne sind mit 4-5mag Helligkeit eher unterbelichetete Objekte.
Ich fühle mich irgendwie an den Südhimmel erinnert, wo es ja viele irgendwie sonderbare + eher wenig
markante Sternbilder gibt :-)
IC 342 steht etwa in Verlängerung des stumpfwinkligen Endes der Cassiopeia, grob 12° von dort entfernt,
etwa mittig zwischen γ Cam und BE Cam. Im BigFinder sehe ich zunächst nichts von der Galaxie.
Die genaue Position liegt in einem gleichseitigen Dreieck von Sternen mit ca 4' Kantenlänge. Die N-Seite
dieses Dreiecks wird von 3 Sternen markiert, die SW-Seite durch etwa 5 Sterne in einer Reihe. Der Kern
liegt nahe an der Seite mit 3 Sternen. Im Dobson bei 20mm ist das dann auch sofort zu erkennen. Der Kern
ist ziemlich deutlich zu sehen, weil relativ gepeakt (obwohl etwa Sc Galaxie). Drumherum eine grosse neblige
Hülle. Beim Drüberschwenk mit 0.8° Feld (20mm) bemerkt man schon, dass die Hülle (Spiralarme) wohl eine Ausdehnung
von 15-20' haben müssen, erst ausserhalb dieses Durchmessers verschwindet die Aufhellung. Die Arme selbst zu
erkennen ist schon schwierig - vergleichbar mit M101 unter schlechtem Himmel würde ich sagen -
deutlich schwieriger zu erkennen also als bei M101 ! Nördlich des Kerns stehen
in ca 8' Entfernung 2 Sterne. Im 13mm Okular kann ich erkennen, dass der N-Arm zwischen Kern und diesen
Sternen hindurchläuft - zumindest hört die 'Hülle' jenseits der Sterne auf. Im Süden scheint der Arm entlang der
5-er Sternkette lang zu laufen und dann umzubiegen. Aber das ist an der Grenze der Wahrnehmung,
die Sterne irritieren (und täuschen?) hier sehr. Mit indirektem Sehen und 0.8° Feld habe ich immer wieder den Eindruck, einen
Hauch der Armstruktur überblicken zu können, aber auch das eine Wahrnehmung an der Grenze.
Generell waren die Daten zu den Galaxien der Maffei-Gruppe grossen Schwankungen
unterworfen (Unsicherheit in der Absorption).
Es wurde auch angenommen, dass die Gruppe mit der Lokalen Gruppe in Wechselwirkung stand oder steht. Seit einem
Paper von Fingerhut et al. (2007) scheint dies
jedoch ausgeräumt zu sein. Sie fanden dass die Entfernung zu IC 342 und Maffei I mit dem Hubble Flow konsistent ist,
d.h. man aus der Fluchtgeschwindigkeit direkt die Entfernung ausrechnen kann (und somit auch die beiden Gruppen
keine Anzeichen von Interaktion zeigen - diese würde sich ja in den Relativgeschwindigkeiten zueinander äussern).
Damit zeigt sich, dass IC 342 tatsächlich eine relativ massive Spirale
in der Grössenordnung unserer Milchstrasse ist und in grob 3facher Andromeda-Entfernung steht.
Galaxie |
Entf [kpc] |
[Mio Lj] |
(m-M) |
MV |
mv |
v [km/sec] |
IC 342 |
2400 |
8 |
26.9 |
-20.4 |
8.3 (6.5) |
+178 |
Feldgrösse 30 x 30',
© STScI Digitized Sky Survey
(9) Cygnus A (Gx/AGN, Cyg)
→ CrossRef
Cygnus A (PGC 63932) ist als Radiogalaxie und AGN sicher ein interessantes Objekt. Aber sie steht
nur ca 5.5° über dem galaktischen Äquator und leidet auch unter massiver Staubabsorbtion. Und ich wusste
natürlich, dass - mit einer scheinbaren V-Helligkeit von 15.2 mag - das sicher kein sehr einfaches Objekt
werden würde. Ich versuche sie ca 4.5° westlich von γ Cygni (eine Gegend die für Gas- und Dunkelwolken ja
bekannt ist) aufzufinden. Die Gegend habe ich bald eindeutig identifiziert - dennoch: Cygnus A ist nicht
auszumachen. Obwohl der Himmel eigentlich ja recht gut ist im Moment...
Kaum 20min später bemerke ich aber, dass mein Fangspiegel komplett zugetaut ist. Naja, wenn zum Staub
noch der Tau hinzukommt geht wirklich gar nichts mehr ! Next time ...
Feldgrösse 10 x 10',
© STScI Digitized Sky Survey
(10) M31 und M33 (Gx, And/Tri)
→ Crossref: M31
→ Crossref: M33
Ein schmerzlicher Ausfall: der Akku meines Notebooks ist jetzt leer und ich besitze leider bislang keinen
Ladestecker für die Autobatterie (sträflicher Leichtsinn !). Jedenfalls kann ich so meine tolle + vollelektrische
CrossRef Objektliste nicht weiter abturnen und muss mich altbekanntem zuwenden...
Ich schaue mir also M31 und M33 ein bisschen an - der Himmel sieht super aus im Moment (um die 21.4mag/sas).
Zunächst mit dem Feldstecher: die beiden Staubbänder von M31 sind sichtbar. Dann im Dob... -
aber dann kommt eben, wie gesagt, der Tau. Mit faulen und für Optikfetischisten sicher völlig unakzeptablen Tricks bekomme ich
ihn nach ein iger Zeit wieder halbwegs klar. Ich probiere noch ein bisschen rum: AE And, weitere LBVs in M33, die bekannten
HII-Regionen mit
NGC-Hausnummern in M33 etc, aber lasse es dann beim Spazierengucken. Zumindest beeindruckt mich, dass man
bei dem Himmel jetzt wohl auch die äusseren Spiralarme von M33 angedeutet sehen kann - zumindest beim Drüberschwenk !
Feldgrösse ca. 2.5° x 2.5°,
© PS 2007
Feldgrösse 45 x 45',
© STScI Digitized Sky Survey
(11) Crab Nebel M1 (PN/SNR, Tau)
→ CrossRef
Im Osten gehen jetzt auch die Wintersternbilder auf.
Peter H. höre ich nebenan ganz begeistert wie er im Teleskop den M42-Aufgang zwischen den Bäumen
am entfernten Waldand verfolgt. Ich will mir zumindest als erstes Winterobjekt mal M1 ansehen - bisher
ja immer für eine Enttäuschung gut. :-)
Er steht zu dieser Zeit erst ca 25° über dem Horizont, also keineswegs
optimal. Im grossen Dob sieht man natürlich wie immer den Nebel, auch in seiner Form: ein zusammengequetschtes S.
Und ich meine, leichte Andeutungen der Filamente zu sehen. Also versuchen wir
mal einen Linienfilter (obwohl
ich weiss, dass der Nebel hauptsächlich über Sychrotronstrahlung leuchtet und die hat ein kontinuierliches
Spektrum - Filter sind da i.a. nicht hilfreich). Im OIII sieht die Westspitze aber dennoch etwas prominenter aus
als vorher. Auch habe ich den Eindruck, dass (die Andeutung der) Filamente noch einen Hauch deutlicher kommen.
Aber der Kontrast ist gering. In Hβ tut sich gar nichts, das Ding ist fast vollständig dunkel.
Sterne im Nebel sieht man relativ wenige, auch hier fehlt Kontrast, weil die Flächenhelligkeit des Nebels
eben doch relativ hoch ist. Den zentralen Pulsar im Crab zu sehen dürfte schwierig sein !
Also ist M1 doch nicht ganz so enttäuschend wie befürchtet und wird - natürlich - für den Winter nochmal vorgemerkt.
Dann werde ich mir auch noch etwas mehr Theorie dazu ansehen, so ein grosser und bekannter SNR (Ausbruch
wurde 1054 n. Chr. von den Chinesen und Arabern beobachtet) ist ja durchaus
interessant.
Feldgrösse 15 x 15',
© STScI Digitized Sky Survey
(12) Die Milchstrasse und der galaktische Staub - Cepheus/Polaris Flare
→ CrossRef
Bleibt uns zu guter Letzt nochmal einen Blick mit blossem Auge und Feldstecher auf die Milchstrasse
zu werfen. Der Himmel ist jetzt sehr gut geworden, der Dunst ist praktisch komplett verschwunden und
das SkyMeter zeigt Werte bis zu 21.45 mag/sas (für 500m üNN ist das ein hervorragender Wert).
Es ist wirklich auffallend die enorme Breite der Milchstrasse heute,
deutlich breiter als gewohnt - insbesondere im Schwan ! Man sieht nicht nur den zentralen hellsten Streifen, sondern
auch die Aussengebiete bei höherer galaktischer Breite. Mit dem Feldstecher sind oberhalb von Deneb
in der Region um M39 tolle Dunkelwolken zu sehen. Südlich von M39 zeigt ein relativ gerader
Dunkelwolken-Schlauch auf den Cocoon-Nebel. Mir fällt aber plötzlich auf, dass sich von M39
ausgehend auch in nördlicher Richtung ein breites
Dunkelband erstreckt, das ich noch nie gesehen habe bisher. Dieses ist zunächst
nach unten (Westen) durchgebogen, umläuft polseitig den Cepheus und biegt sich dann wieder
zurück, wobei das Ende grob auf Polaris weist. Insgesamt hat das Dunkelband also ein S-Form
und läuft in Galaktischen Koordinaten von (b, l)= 0°,90° bis nach +30°,120° (grobe Messung in Guide).
Oberhalb des Dunkelbandes lappt die hellere Milchstrasse ebenfalls ein Stück nach aussen.
In der Abbildung unten habe ich versucht, dies grob zu skizzieren, wobei ich als Grundlage eine
normale Karte mit Milchstrassenkonturen aus Guide 8.0 benutzt habe. Auf der Guide-Karte sieht
man auch schon, dass sich an den benannten Stellen hellere und dunklere Aus/Einbuchtungen
in der Milchstrasse zeigen.
Anblick Richtung Westen gegen 1:45 Uhr, in der Bildmitte das Sternbild Schwan.
Dunkle/helle Wolken wurden nach Beobachtung zusätzlich eingezeichnet.
Die galaktische Ebene ist als dunkle, diagonale Linie in der Mitte der Milchstrasse dargestellt.
Rechts oben Polaris und UMi, ganz unten der Westhorizont.
Karte erstellt mit Guide 8.0.
Ich habe natürlich in der Literatur recherchiert, ob diese Beobachtung tatsächlich der Realität entspricht.
Hierzu kann man sich u.a.
Weitwinkelaufnahmen der Milchstrasse ansehen. Diese zeigen durchaus
diese Struktur, siehe z.B. auf den eindrucksvollen Milchstrassen-Panoramen von
Axel Mellinger
(siehe in der linken = nördlichen Hemisphäre: Polaris in der Mitte, Nordamerikanebel unten rechts).
Etwas oberhalb von Nordamerika ist dort ein Dunkelband zu sehen, dass sich S-förmig etwa bis
zu α UMi (Polaris) hinzieht, links daneben (bei höherer galaktischer Länge) befindet sich ein hellerer MW-Teil
(deutlicher Kontrast zum Dunkelband!). Auch dieses Feature war visuell gut als Fortsetzung der MW in den nördlichen
Cepheus hinein zu erkennen (siehe die modifizierte Karte oben).
[PS: In Folgebeobachtungen Ende Oktober habe ich auf dem Grossglockner selbst eine einfache
Grossfeld-Aufnahme
des Gebiets gemacht. Auch hier ist die Struktur gut erkennbar. Fotos und Diskussion findet man im
Beobachtungsbericht vom 25.10.2008.
]
Als weitere Quelle kann man sich die in der Profiastronomie standardmässig benutzen
Karten der galaktischen Staubverteilung
(aus COBE + IRAS Daten) von Schlegel et al. (1998)
ansehen. Auch dort (p.533, linke = nördliche Hemisphäre) kann man sehr deutlich ein grob S-förmiges Dunkelband sehen,
dass sich in Galaktischen Koordinaten von (l, b)= 90°,0° nach 120°,+30° zieht.
Auf den Allsky-Detailkarten von David Schlegel
im Web ist der Bereich bei geringen galaktischen Breiten leider nicht so differenziert erkennbar. Allerdings sieht man dort, dass
dem beobachteten S noch ein weiteres jenseits von Polaris angehängt ist. Letzteres (war für mich an diesem Abend +) ist
visuell nicht sichtbar, weil der helle Milchstrassenuntergrund als Kontrast fehlt. Im Reddening und der Absorption
extragalaktischer Quellen ist diese Dunkelstruktur aber offenbar eindeutig nachzuweisen. Die wolkige Struktur und alle
sonstigen Features
in der Detailkarte sind übrigens real: es gibt tatsächlich eine Art galaktische Cirrusbewölkung aus Staub,
die die ungehinderte Sicht auf den Galaxienhintergrund nur an wenigen Stellen (in der Nähe der galaktischen Pole) wirklich freigibt. Ich finde
diese Bilder - und die Vorstellung + Beobachtung dazu - jedenfalls sehr eindrucksvoll ! Und klasse, dass es
selbst mit blossem Auge (der gute Himmel macht's wie immer!) noch Neues zu Entdecken gibt ... :-)
Tatsächlich habe ich von GlennLeDrew auf CloudyNights
erfahren, dass das Dunkelgebiet im Cepheus unter professionellen Molekülwolken-Freaks als
Cepheus Flare bekannt ist. Anscheinend kennen aber auch die nordamerikanischen
Astro-Amateure dieses Feature aus Beobachtungen mit blossem Auge + Feldstecher.
Ausserdem habe ich über Kommentare in Diskussionsthreads erfahren, dass das Feature in dem Paper von Schlegel selbst auch
als Polaris Flare bezeichnet wird.
Einen Detailauschnitt des Gebiets findet man in Schlegel et al. (1998)
auf S.540.
(13) Dust Map
→ CrossRef
Ich habe die Allsky-Detailkarten
von Schlegel et al. (1998)
einmal runtergeladen und mit einem Overlay des Sternhimmels zu einem Sterne+Staub Komposit
in galaktischen Koordinaten
überlagert - David Schlegel hat mir auf Nachfrage netterweise die Erlaubnis zur Reproduktion seiner Daten auf meiner Website
gegeben. Hier also der entsprechende Ausschnitt mit Cygnus/Cepheus am linken Bildrand. (Der Milchstrassenebene
entspricht die runde Auschnittbegrenzung links, am rechten Bildrand der North Galactic Pole (NGP), die galaktische Länge
zwischen Cygnus und Cepheus ist l=90°, senkrecht oben ist l = 180°).
Man sieht hier schön
die (oben beobachtete) Staubabsorption, die zwischen Cygnus/Cepheus aus der MW herauskommt und bis zu α UMi (Polaris) reicht.
Daran anschliessend dann eine weitere Staubfahne... Darunter das entsprechende Komposit für den gesamten Himmel (für höhere Auflösung
Bild anklicken).
Overlays der Dustmap von Schlegel et al. (1998)
mit einer Sternkarte
aus Guide 8.0 (published with kind permission by David Schlegel)
Darstellung in galaktischen Koordinaten; die Staubabsorption ist schwarz
dargestellt, helle Stellen sind also weitgehend durchsichtig.
Für höhere Auflösung auf das Fullsky-Bild klicken !
(14) Epilog
Es ist jetzt kurz vor 2 Uhr - wir packen zusammen, sind einfach hundemüde (Thomas ist auch schon vor einer 3/4h gegangen) !
Als alles schon im Auto verstaut ist, stellen wir uns zum
Schluss nochmal locker auf die Wiese und schauen uns den Himmel an:
Der Schwan steht wie ein Kreuz
senkrecht über dem Westen. Die Milchstrasse spannt sich senkrecht über unseren Köpfen von Westen bis nach Osten - als
ein kompletter Halbkreis - fantastisch !!! Wir stehen mitten in der Ebene unserer gigantischen
Galaxis - ein Wahnsinnsgefühl !
Jetzt ist auch der Orion schon komplett aufgegangen im Osten. Ikonenhaft steht er über dem schwarzen Wald. Ich überlege
noch ob ich doch die Kamera holen soll, um das festzuhalten... aber naja...
...ich beschliesse, es lieber einfach nur so mit mir zu nehmen...!
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