Beobachtungen
(1) M71 (GC, Sag)
→ CrossRef
Die meisten von uns sind beim Durchblättern von Atlanten wohl schoneinmal über den
kleinen Kugelsternhaufen M71 im Sternbild Pfeil gestolpert. Er steht mitten in der
Pfeil-Verbindungslinie, und auch M27 ist ja nicht weit (4° entfernt)... M71 hatte mich
deshalb interessiert, weil er unter den Kugelhaufen als besonders 'loser' Vertreter gilt,
also sehr wenig
Konzentration zum Zentrum hin aufweist. Das wollte ich mir heute mal ansehen.
Die Aufsuchung ist denkbar einfach, auf der Mitte zwischen γ und δ Sagittae.
Mein BigFinder zeigt mir beide Sterne und den Haufen sehr schön in einem Gesichtsfeld.
Im Dob sieht M71 wirklich sehr offen aus, unschwer bis ins Zentrum aufgelöst natürlich,
allerdings nur was die hellen Sterne anbetrifft. Bei höherer Vergrösserung sehe ich
durchaus noch eine zu einem Untergrund verschmierte schwache Population schwächerer Sterne,
die mir auch armartige Strukturen zu haben scheint (wohl ein Statistik-Effekt, genau wie bei
den armartigen Strukturen (Sternketten) der hellen (RGB) Haufensterne, die man von vielen
prominenten GCs her kennt (M13).
Zum Hintergrund von M71: er ist ein vergleichsweise kleiner Haufen,
nur knapp 40 Lj im Durchmesser, dabei ca 18.000 Lj
entfernt im inneren galaktischen Halo. Aussergewöhnlich ist auch seine - für einen GC - recht
hohe Metallhäufigkeit von ca 1/5 des solaren Wertes. Dagegen ist 1/100-solar bei Kugelsternhaufen
durchaus üblich, ganz einfach weil am Anfang der Galaxienbildung (GCs entstehen früh, sie sind i.a. sehr alt !) das
Gas noch nicht so stark von Supernovae angereichert war (im Metallgehalt). M71 muss also aus deutlich vor-angreichertem Material
entstanden sein: entweder deutlich später als viele seiner Artgenossen (nachdem viele frühe Supernovae hochgegangen
sind und das Gas anreicherten) oder in einer besonderen Region mit hohem Metallgehalt im Gas.
M71 ist insofern also sicher interessant. Ebenso wundert man sich über seine geringe Dichte. Woher
diese wohl stammt ? Aus der internen dynamische Entwicklung im Cluster (Stern-Stern-Wechselwirkung,
Stern-Evaporation/Ejection, Relaxationseffekte)
oder durch Stösse mit externen Objekten (Molekülwolken)...?
In jedem Fall ist M71 einen Besuch wert, vor allem im Vergleich (die DSS Bilder haben
den gleichen 15'x15' Ausschnitt!) zu seinem genau gegensätzlichen
Kollegen im Südosten der nun folgt ...
Feldgrösse 15 x 15',
© STScI Digitized Sky Survey
(2) M15 (GC, Peg)
→ CrossRef
M15 oder NGC 7078 ist das ParExcellence-Beispiel für einen sehr konzentrierten Kugelhaufen. Mehr noch:
M15 zeigt einen ausgeprägten, aufgesetzten 'Core' oder 'Cusp', wie er schöner eigentlich nirgends zu
sehen ist. Dieser Kugelhaufen ist deshalb auch das Ziel vielfältiger theoretischer und beobachterischer
Untersuchungen gewesen... (s.u.)
M15 flog dem fliehenden Himmelspferd wohl
wie Strassendreck aus den Hinterhufen (oder gar wie die sprichwörtlichen 'Pferdeäpfel' :-)
- jedenfalls ist er easy aufzufinden in der 0.5-fachen Verlängerung
der Linie θ → ε Andromedae. Gleich nebenan steht in 7' Entfernung auch noch pittoresk
ein 7.6mag Stern, ein schöner Anblick im Okular, selbst bei hoher Vergrösserung.
M15 haben die meisten von uns sicher schon angesehen, aber achtet man immer auf diesen deutlich abgesetzten
Cusp ? Ich hatte das bisher übersehen, also schau ich mir das Ganze nochmal genauer an (vor allem im
direkten Vergleich zu dem ganz andersartigen M71 oben).
Der Cusp ist schon im 20mm Okular zu sehen: in der Mitte ist das
Helligkeitsprofil des Clusters deutlich herausgehoben,
wesentlich deutlicher als bei anderen GCs. Die (hellen) Sterne stehen dort wirklich extrem dicht ! Ich vergrössere
bis auf 400x mit dem 5mm Okular, aber schaffe es heute nicht ganz, alle (hellen) Sterne bis ins Zentrum
aufzulösen, das Seeing ist nicht gut genug.
Allerdings habe ich die Beobachtung von gestern in SCHL noch gut im Gedächtnis: bei bestem Seeing waren
bis ins Zentrum (und bei M15 heisst das tatsächlich etwas !) haarfein und extrem dicht Sterne aufgelöst
zu sehen - ein Wahnsinns-Anlick, den ich - zusammen mit diesem fantastischen Seeing gestern - noch nie so hatte !
Der Cusp als solcher ist selbst im 5mm Okular (12' Feld) nicht wirklich formatfüllend - er ist doch eher klein ! -
seine Grösse
dürfte im Bereich von ca <30" liegen.
M15 unterscheidet sich mit diesem Detail doch deutlich von z.B. M13.
Nicht umsonst hört man von Kennern, nicht M13 sei der schönste Haufen, sondern M15 ! - Spieglein,
Spieglein an der Wand, wer ist der schönste im ganzen Land? :-) ... also ich würde jetzt auch M15 sagen !
In den äusseren Gebieten ähnelt M15
aber durchaus M13: sehr helle RGB Sterne, Ketten, sehr gross + hell. Und auch: ähnlicher Effekte wie
bei M13 - mit indirektem Sehen ist das Ding riesig !
Woher kommt der Cusp/Core von M15 ? Warum haben nicht alle Kugelhaufen einen solchen ?
Die Antwort und die Dynamik von Sternsystemen ist nicht wirklich einfach zu verstehen,
es gibt dicke Wälzer darüber
(für Leute mit Uni-Mathe und dickem Fell: J. Binney & S. Tremaine, Galactic Dynamics,
Princeton Univ. Press 1987). Wichtig ist zu wissen: Sternsysteme entwickeln sich grundsätzlich verschieden, je nach dem
ob ihre Sterne - statistisch gesehen - häufig direkt in 1:1 Wechselwirkungen 'aneinanderstossen'
oder eben nicht (collisionless / collisional systems). Man kann relativ
einfach einsehen, dass das davon abhängt
(i) wie dicht das Sternsystem ist (wieviele Sterne N befinden sich in einem pc3) und (ii) wie
lange es dauert bis ein Stern einmal komplett das System durchquert hat (das muss er ja häufig tun um
oft genug an einen anderen zu stossen).
Und letztlich ist auch wichtig, (iii) wie lange
das System schon lebt, d.h. wieviel Zeit + Gelegenheit zu Stössen seine Sterne hatten. Mit konkreten Zahlen
kann man ausrechnen, dass in elliptischen Galaxien z.B. während ihrer bisherigen
Lebenszeit (10 Gyr = 10 Mrd. Jahre) praktisch keine
Stern-Stern-Wechselwirkungen passier(t)en. Anders ist das nun bei Kugelsternhaufen !
Dort sind die Dichten so hoch,
dass während ihrer Lebenszeit (ebenfalls ca 10 Gyr) durchaus viele Stern-Stern-Stösse stattfanden.
Diese Stösse bewirken eine Entwicklung der anfänglichen Stern-Verteilung (in Position und in
Geschwindigkeit): manche Sterne werden schneller, andere langsamer, manche wandern nach aussen, andere nach innen -
netto gesehen sieht das System dadurch nach einiger Zeit ganz anders aus - man sagt es habe seine 'Anfangsbedingungen
vergessen'.
Und aus statistischen Überlegungen ist bekannt, dass es für solche 'collisional systems' wie Kugelhaufen keine
Gleichgewichte gibt, d.h. sie sind in ihrer anfänglichen Form prinzipiell instabil. Tatsächlich streben alle
Kugelsternhaufen einen Zustand an, in denen sich ein
dichter Kern (aus Sternen) bildet und der Halo (aus Sternen) sich ausdehnt und 'aufgeheizt' (= immer schnellere Sterne
dort - bis sie letztlich
Fluchtgeschwindigkeit erreichen und 'abdampfen' - für Spezialisten: durch diesen Prozess steigt ihre Entropie).
Die Frage ist lediglich, ob das für einen gegebenen GC schon passiert ist oder nicht (es gibt eine Formel dafür,
in die die Parameter von oben - Dichte, mittlere Durchquerungszeit, Alter des Haufens - eingeht).
Ist ein GC in einer solchen Phase so spricht man vom core collapse. Und M15 hat
definitiv einen kollabierten Core ! Er hat also durch Stern-Stern-Stösse (vor allem im Kern) eine sehr starke
dynamische Entwicklung hinter sich (im Gegensatz zu manch anderen GCs).
Djorgovski + King (1986) behaupten (aufgrund von Vorauswertungen von CCD-Bildern vieler GCs), dass ca 1/5
aller GCs kollabierte Cores enthalten - beobachterisch richtig gut gesichert scheinen ihre Ergebnisse aber
doch nicht zu sein ...
Bleiben noch ein paar Standard-Daten zu M15 zu diskutieren.
M15 ist - im Gegensatz zu obigem M71 - einer der metall-ärmsten GCs der Galaxis: [Fe/H]~ -2.1,
er ist also mehr als 100x metallärmer als die Sonne. In einer detaillierten CMD-Studie finden Durrell & Harris (1993)
durch Isochrone-Fitting ein Alter von (15 +- 3) Gyr und eine Entfernung von 10.3 kpc ((m-M) = 15.40 mag),
was ihn den äusseren galaktischen Halo platziert. Das detaillierte CMD des Haufens (in scheinbaren V-Magnituden)
von diesen Autoren findet man hier.
M15 ist ein sehr massives Objekt seiner Klasse:
ca 1/2 Mio Sonnenmassen und 200 Lj im Durchmesser (vgl mit M71 oben, siehe auch die DSS Bilder im direkten
Vergleich!). Direkt neben M13 gesetzt, hätte unser aller Liebling im Herkules keine Chance gegen ihn - wow, wer hätte das gedacht ?!
Feldgrösse 15 x 15',
© STScI Digitized Sky Survey
(3) NGC 188 (OC, Cep)
→ CrossRef
Er steht schon lange auf meiner CrossRef-Liste: NGC 188, einer der ältesten Offenen Sternhaufen.
Heute sollte er mal zu seinem Recht kommen. Schliesslich hatten auch die noch älteren Kollegen
aus der Kugelfraktion ihre faire Chance heute - und offene Haufen tendiere ich sowieso irgendwie
zu vernachlässigen. Also schauen wir heute mal wo das Knie von NGC 188 liegt - im HRD mein ich !
Zur Aufsuchung ist einfach zu sagen, NGC 188 liegt für uns sehr günstig
am Himmel: zirkumpolar und auf etwa 1/3
der Wegstrecke zwischen Polaris und der Cepheus-Spitze γ. In einem 30' Feld ist er schön
eingerahmt: im Osten und Süden steht jeweils ein Sternpaar aus 8mag Sternen mit grob 10' Entfernung
zueinenander. Genauso gross ist in etwa auch der Haufen in ihrer Mitte. NGC 188 - OK, naja spektakulär
ist freilich was anderes, irgendwie scheint mir das Ding durchaus ziemlich abgebrannt zu sein
(na stimmt ja auch die Hauptreihe runter :-). Aber es ist doch interessant zu wissen, wie der
OC-Methusalem live aussieht. Auch fällt mir (jetzt) ein,
ich müsste mal genau nachsehen, ob man auch in OCs die schwache Unterpopulation sehen kann (ähnlich wie
in GCs ?) und wie das HRD genau aussieht auf visuelle Helligkeiten bezogen... Was seh ich da eigentlich genau ?
Ich muss bei Gelegenheit wohl nochmal genauer nachbeobachten.
Cluster wie NGC 188 sind interessant, weil sich durch Bestimmung des Alters etwas
aussagen lässt über die Bildung und Entstehungsgeschichte der Galaxis. Alle sind sich einig, dass zuerst die sog.
Bulge Komponenten entstanden sind, also alle Sterne + Haufen, die eine etwa kugelsymmetrische
Raumverteilung besitzen und deren Sterne sich auf stochastischen Bahnen bewegen (d.h.keine/kaum
Rotation, sondern 'dispersions-gestützt'). Dazu gehören z.B. auch die Kugelsternhaufen, die i.a. ein Alter
von >10 Gyr haben. Wann aber kamen die Sterne der Scheibe dazu ? Wie und wann
enstanden diese ? Ging das kontinuierlich nach der Bulge-Entstehung oder gab es eine grosse zeitliche
Unterbrechung ? usw. usw. U.a. um diese Fragen zu beantworten, untersucht man z.B die ältesten
Offenen Sternhaufen. Dazu wird i.a. das HRD des Haufens untersucht: das Abknicken
von der Hauptreihe lässt auf das Alter schliessen. Allerdings ist das nicht ganz so einfach wie es klingt.
Typischerweise werden dazu sog. Isochronen in die Sternverteilung gefittet (Isochrone: man nimmt eine
Hauptreihe neu geborener Sterne und rechnet im Computer alle Alterungsprozesse durch. Dann bekommt
man eine Population von genau gleich alten Sternen mit dem abknickenden Knie im HRD).
Leider gibt es mehrere Dinge zu bedenken: (i) der Metallgehalt der Sterne verändert die Isochronen
(Metallizität + Alter lassen sich nicht gut trennen in ihren Effekten, d.h. 'alt + metallarm' sieht aus
wie 'jung + metallreich'),
(ii) das interstellare Reddening durch Staub verschiebt die Sterne im HRD (oder CMD = Colour-Magnitude-Diagram),
(iii) die Entfernung des
Haufens ist nicht exakt bekannt, und schliesslich (iv) die theoretischen Rechnungen berücksichtigen
nicht alle möglichen Effekte (klar: neuere Rechnungen sind i.a. besser als ältere).
In Demarque et al (1992) kann man sich
das HRD und theoret. Isochronen von NGC 188 ansehen.
Die Autoren schliessen für NGC 188 auf ein Alter von 6.5 Gyr (Fehler: +1.5/-0.5 Gyr). Das ist also deutlich
jünger als typische Kugelhaufen.
Und übrigens: in besagtem Paper findet man auch noch einen Kandidaten der möglicherweise noch (ca 1 Gyr) älter ist
als unser Matador NGC 188 hier:
NGC 6791 - allerdings sind die Unsicherheiten in seinem Fall besonders gross (Metallizität + Reddening sind
sehr unsicher !). OK, wer also noch einen Kandidaten für den ältesten OC sehen will mache sich auf ins Grenzgebiet
Cyg/Lyr... :-)
Feldgrösse 30 x 30',
© STScI Digitized Sky Survey
|
|
.
(4) M39, B168 und Cocoon IC 5146 (OC/DN/Neb, Cyg)
→ CrossRef
Den Cocoon will ich mir immer wieder mal anschauen, aber immer wieder enttäuscht er mich auch ein bisschen.
So auch heute, er ist irgendwie unspektakulär + schwächlich, im UHC passabel zu sehen, ja aber ... Viel, viel mehr
faszinieren mich da schon die äusserst offensichtlichen Dunkelwolken in der ganzen Gegend !
Bei der Aufsuchung von Cocoon gehe ich immer von M39 aus, dem bekannten OC im nördlichen Cyg. Wenn man sich
die Gegend im Feldstecher oder im Bigfinder ansieht, ist das schon sehr sehr beeindruckend ! Überall sind tiefschwarze Löcher
in der Milchstrasse, Dunkelwolken mit Reservoiren von Staub + Gas für die Sternentstehung in der Scheibe unserer Galaxis.
M39 scheint eine richtig belebte Strassenkreuzung für die Staubwolken zu sein: in allen 4 Himmelsrichtungen des Haufens liegen
deutliche Dunkelnebel ! Insbesondere östlich von M39 gibt es zunächst 2 Sterne: π2 und ρ Cyg. Durch diese geht man hindurch
und entlang eines langen Dunkel-Schlauchs auf den Cocoon zu. Dieser Schlauch ist ausserordenlich
markant, wenn der Himmel hinreichend gut ist, besonders bei Bewegen des Feldstechers/Teleskops !
Er ist in
Barnard's Katalog als B168 bekannt. Ein tolles Stück Dunkelheit - sehenswert ! :-)
Feldgrösse 150' x 60'
© STScI Digitized Sky Survey, provided by ESO Online DSS
(Zum Vergrösserrn anklicken !)
(5) AE Andromedae in M31 (Star, And)
→ CrossRef
Endlich ist es mir gelungen, einwandfrei einen Einzelstern in M31 zu beobachten: AE Andromedae,
ein sogenannter Luminous Blue Variable (LBV) im Andromedanebel. Vorausgegangen ist dieser Beobachtung
einiges an Literaturrecherche und auch schon ein paar Fehlversuche
an ähnlichen Sternen.
Es ist ja kein grosses Problem in M31 Kugelsternhaufen auszumachen -
G1
ist das bekannteste Beispiel - gut sichtbar mit einem 8" Teleskop. Bei Einzelsternen aber tut man sich schwer:
es gibt nur sehr sehr wenige Sterne die hell genug sind.
Der Distanzmodul von M31 ist (m-M) = 24.5, d.h. die Absoluthelligkeit (Leuchtkraft)
jedes Objekts in M31 wird auf dem Weg zu uns um 24.5mag abgeschwächt. Und das heisst wiederum: selbst in einem
20" Teleskop mit einem
(visuellen) Detektionslimit von 17mag, braucht man ein Objekt mit einer Absoluthelligkeit von mindestens
M = -7.5mag, damit man es sehen kann über diese Entfernung. Das ist schon der Bereich in dem moderate
Kugelsternhaufen von Ihrer Helligkeit her angesiedelt sind. Einzelsterne mit solchen Leuchtkräften sind dagegen
ziemlich selten (u.a. weil sehr kurzlebig und auch seltener in der Entstehung); ausserdem zeigen sie oft
Variabilität und haben extreme physikalische Eigenschaften (Details hierzu siehe unten).
Das erste Problem ist natürlich die Auffindung dieses schwachen Objekts.
Wenn man den DSS nach
'AE And' fragt,
bekommt man eine Position, die offenbar nicht (genau) stimmt. Weder auf der Rot- noch der Blau-Platte ist an genau
dieser Position ein hinreichend
helles Objekt zu sehen (mit <17.5mag müsste es ohne weiteres zu erkennen sein).
Die richtige Position, die ich aus einem speziellen Paper
einiger Ex-Kollegen :-) über LBVs
habe, liegt ca +3s östlich (immerhin 33" entfernt) bei: α= 00h43m02s δ= 41°49'12" (2000.0).
Auf dieser Position ist auch das DSS-Bild unten zentriert und darauf beruht somit meine Identifikation (Pfeil).
Die Position liegt etwa 30' östlich des
Kerns von M110 = NGC205 und ist von dort am leichtesten aufzufinden. Hier eine (schnell gemachte) Aufsuchkarte
aus Guide für die Nachbeobachtung:
Aufsuchkarte für AE And - Feldgrösse ca 40'x30'
Rechts NGC205 = M110, AE And steht am linken Bildrand (Pfeil)
(Karte erzeugt mit Guide 8.0)
In unmittelbarer Nähe von AE And steht eine Gruppe aus 4 Sternen in Form eines 'Mercedes-Sterns' (45"-75" Schenkellänge).
Sie besteht aus Sternen von ca 12.5mag. Davon ausgehend sucht man den LBV am besten mit der
DSS Karte unten. Die visuelle Helligkeit von AE And schwankt im Bereich mv = 15.1 - 17.6m. In einem Fall
sollte AE And in 20" gut auszumachen, ansonsten aber nicht detektierbar sein (20" V-Limit: ~17mag, natürlich
hängt dies im Detail von vielen Faktoren ab, Himmel, Auge des Beobachters etc...).
Was Helligkeitsangaben für LBVs angeht, muss man ausserdem recht sorgfältig sein:
insbesondere die Absoluthelligkeiten werden
oft bolometrisch (integriert über das gesamte elektromagnetische Spektrum, alle Wellenlängen) angegeben - das
ist im Vergleich zu V-Helligkeiten um mehrere Mag zu hell (siehe 'bolometrische Korrektion' unten) !
Wikipedia gibt z.B. M = -10mag (???) an,
das ist in diesem Fall nicht die Helligkeit die wir sehen können (sonst wäre AE And ein relativ einfaches
14mag Objekt)) !
Ausgerüstet mit diesen Vorinformationen ist es unproblematisch die nächsten Nachbarsterne zu finden. Die
Detektion von AE And ist jedoch schon eine schwierige Sache heute abend. Das Seeing ist ziemlich gut,
der Himmel recht passabel (aber nicht exzellent): ca 21.25mag/sas. Zwei Sterne nördlich des Mercedes-Sterns
sehe ich schon, aber AE And sträubt sich doch noch etwas mehr, er ist nochmal eine Kante schwächer.
Letztlich kann ich ihn aber im 5mm Okular bei 400x dennoch gesichert sehen: indirekt sehr schwach, am Limit, aber immer wieder
reproduzierbar an der gleichen charakteristischen Stelle. Die Helligkeit dürfte nicht ganz am Limit meines
20" liegen, deshalb schätze ich ihn derzeit auf mindestens 16.5mag. Es scheint
dass sich der Stern derzeit etwas näher an seinem Helligkeitsmaximum, also in einer
aktiven Ausbruchsphase
(siehe unten) befindet. Im Ruhezustand ist er deutlich schwächer als mein Detektionslimit, nämlich visuell
nur 17.6mag.
Feldgrösse 15 x 15', zum Vergrössern Bild anklicken
© STScI Digitized Sky Survey
AE And gehört einer Klasse extrem leuchtkräftiger, variabler Sterne an, den sogenannten
LBVs (Luminous
Blue Variables). Diese Objekte gehören zu den massereichsten + leuchtkräftigsten Einzelsternen überhaupt, wobei sie
sich nicht mehr auf der Hauptreihe (der Ort des Wasserstoffbrennens im HRD) befinden, sondern sich bereits
in den Bereich rechts der Hauptreihe fortentwickelt haben. Ihre Energieproduktion ist gross genug um die oberen
Schichten des Sterns instabil werden zu lassen (extremer Strahlungsdruck), was sich als stellarer Wind,
Instabilität und eruptive Variabilität äussert. Jenseits dieser kritischen Masse- und Leuchtkraftwerte werden
Sterne von ihrer eigenen Energieproduktion quasi auseinandergetrieben und können langfristig nicht
'überleben'. LBV-ähnliche Sterne stellen also das obere Ende der Sternpopulation dar.
Die im visuellen Spektralbereich (mv) sichtbare Variablität der LBVs
wird interessanterweise nur indirekt erzeugt, und die Gesamtabstrahlung dieser Sterne bleibt dabei sogar relativ konstant ! Wie das ? Dazu muss man folgendes verstehen: In der Ruhephase
ist der Stern extrem heiss (20.000K) und
strahlt damit einen Grossteil seiner Energie nicht im Visuellen sondern im UV ab (siehe Schwarzkörper-Spektrum
für verschiedenen Temperaturen, visueller Bereich ist regenbogenfarbig markiert) - das Maximum der Spektralverteilung
liegt weit blauseitig des V-Bandes bei ca 1000 Aengstroem. Dadurch ist aber die V-Helligkeit sozusagen 'künstlich' erniedrigt.
und es gilt deutlich Mv > Mbol (BC = Mv - Mbol = 4mag, BC ist die sog. bolometrische Korrektion).
Das ist auch der Grund für die sehr hoch
negativen Magnitudenwerte die man in der Liste der hellsten Sterne
sehen kann: BC für die heissesten O-Sterne liegt bei 4.5, d.h. die (Absolut-)Helligkeiten gehen visuell (!) eben
nur bis in den -8mag
Bereich, nicht bis -12mag (das ist bolometrisch!). Nun zurück zur Variabilität: Wenn der Stern in einen Ausbruch gerät, fliesst Gas von der
Oberfläche radial nach aussen und erzeugt um den Stern eine sog. Pseudo-Photosphäre (scheinbare
'optische Oberfläche'), also eine Art Hülle, die jedoch kühler ist als der (ruhige) Stern, 'nur' ca 9000K (Sonne: 6000K). Der über allen
Wellenlängen aufsummierte Strahlungsfluss bleibt dabei in etwa konstant, die Verteilung der Photonen auf die
Wellenlängen aber verschiebt
sich vom UV in Richtung des
visuellen Bereichs und die visuelle Helligkeit steigt somit stark an. So variiert AE And im Visuellen zwischen mv = 17.6m (Ruhephase)
im Minimum und mv = 15.1m (Ausbruch) im Maximum. Die eruptiven Phasen von LBVs sind nicht extrem häufig
und geschehen auf der Zeitskala von Jahren (Anstieg, Dauer). Einen LBV generell oder hier eben AE And in einer
Ausbruchsphase zu erwischen ist also nicht selbstverständlich !
In einschlägigen Papers
finden sich die konkreten Kennzahlen für
AE And: Temperatur Teff = 21.000K, Radius R = 55 Rsun, Masse im Bereich von
M = 60-80 Msun, Leuchtkraft L = 105.6 Lsun = 400.000 x Sonnenleuchtkraft,
bolometrische Absoluthelligkeit Mbol = -9.4mag.
Vom Spektrum (UV) her ähnelt AE And sogar dem sehr bekannten Stern η Carinae,
wenn jener als Extrembeispiel ('a class of its own') auch nocheinmal etwas höhere Leuchtkraft besitzt.
Visuelle Beobachtungen von AE And sind also derzeit absolut empfehlenswert, wenn man
guten Himmel + ein 20"-Class-Teleskop besitzt. Der Stern befindet sich derzeit in einer Ausbruchsphase.
Kollegen, die CCD-Photometrie wirklich beherrschen (Kalibration etc), können sich hier ebenfalls betätigen (schon mit relativ kleinen
Instrumenten). Die professionellen Kollegen z.B. an der Landessternwarte in Heidelberg sind an verlässlich hergestellten Messwerten
für solche Sterne durchaus
interessiert (wenn jemand dazu ernsthaft einen Kontakt benötigt, bitte Email).
|
|